Stellungnahme zum Stadtumbau, Vortrag vom 25.09.2000

Stadtentwicklung als Teil von Sanierungskonzepten

Von Herrn Oberbürgermeister Waldemar Kleinschmidt, Cottbus, Präsident des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg

Nachfolgend wird ein am 25. September 2000 auf der Tagung „Stadtentwicklung und wirtschaftliche Sa-nierung von Wohnungsunternehmen“ in Potsdam gehaltener Vortrag veröffentlicht:


Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Gegenstand der heutigen Veranstaltung, die Bewältigung des Wohnungsleerstandes und Um-setzung der Novellierung des Altschuldenhilfegesetzes ist von zentraler Bedeutung für viele Städte und Gemeinden im Land Brandenburg. Ich danke Ihnen daher für Ihre Einladung, und ich will gern die Mög-lichkeit nutzen, aus Sicht der Städte und Gemeinden des Landes Brandenburg zu einigen Aspekten der Neuregelung Stellung zu nehmen.


Stadtentwicklung als Teil von Sanierungskonzepten
Von Herrn Oberbürgermeister Waldemar Kleinschmidt, Cottbus, Präsident des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg

Nachfolgend wird ein am 25. September 2000 auf der Tagung „Stadtentwicklung und wirtschaftliche Sa-nierung von Wohnungsunternehmen“ in Potsdam gehaltener Vortrag veröffentlicht:


Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Gegenstand der heutigen Veranstaltung, die Bewältigung des Wohnungsleerstandes und Um-setzung der Novellierung des Altschuldenhilfegesetzes ist von zentraler Bedeutung für viele Städte und Gemeinden im Land Brandenburg. Ich danke Ihnen daher für Ihre Einladung, und ich will gern die Mög-lichkeit nutzen, aus Sicht der Städte und Gemeinden des Landes Brandenburg zu einigen Aspekten der Neuregelung Stellung zu nehmen.


Novellierung des Altschuldenhilfegesetzes war notwendig


Die Bevölkerungsentwicklung im Land Brandenburg verläuft weiterhin gespalten. Während zahlreiche Städte und Gemeinden des engeren Verflechtungsraumes Einwohnerzuwächse zu verzeichnen haben, hat seit mehreren Jahren eine nicht unbeträchtliche Zahl von Kommunen insbesondere im äußeren Entwicklungsraum erhebliche Bevölkerungsabwanderungen zu beklagen. Die Folgen sind jedoch nicht nur der heute zu erörternde Wohnungsleerstand, Verfall, unzureichende Auslastung der Infrastruktur und unerwünschte soziale Entmischung. In einigen Wohngebieten waren bereits spektakuläre Rückbau-maßnahmen zu verzeichnen. Hinzu kommt, daß die Tragfähigkeit zentralörtlicher Funktionen in Frage gestellt wird.

Diese Entwicklung ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Ich will an dieser Stelle nur an den massiven Abbau von Arbeitsplätzen in Industrie, Landwirtschaft, aber auch in der öffentlichen Verwal-tung erinnern. Die Folgen sind noch längst nicht überwunden. Zum anderen erhielten mit der poli-tischen Wende vor zehn Jahren viele Menschen erstmals die Möglichkeit, Wohneigentum zu bilden und den Wohnort wirklich frei zu wählen. Eine Raumordnung oder Landesplanung, die manche dieser Ent-wicklungen hätte steuern können, existierte lange Zeit nicht. Aber auch die heutigen Entscheidungen - etwa zur Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe wie der Factory-Outlet-Center - werfen die Frage auf, ob Raumordnung und Landesplanung in jeden Fall die richtigen Schwerpunkte für die Landesentwicklung setzen.

In nicht wenigen Städten und Gemeinden des Landes Brandenburg haben diese Entwicklungen zu großen Leerstandsproblemen in den Beständen der Wohnungsunternehmen geführt. Dem Vernehmen nach befinden sich bereits in 18 Kommunen 23 Wohnungsunternehmen mit mehr als 15 % Wohnungs-leerstand. Diese Zahl dürfte in der Zukunft noch steigen. Als eines der in der Öffentlichkeit bekanntesten Beispiele möchte ich hier auf die Stadt Schwedt verweisen. Der Bürgermeister und Vizepräsident des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg hat von Anfang an die Thematik in die Gremien unseres Verbandes hineingetragen. Ich erinnere daran, daß bereits im April 1998 der Arbeitskreis der Bürger-meister großer und mittlerer Städte unseres Verbandes vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden strukturellen Wohnungsleerstände ein Bundesprogramm zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen in Plattenbausiedlungen einschließlich des punktuellen Rückbaus gefordert hatte.

Die Bundesregierung ist den von vielen Seiten vorgetragenen Wünschen nach einer Anpassung des Alt-schuldenhilfegesetzes an die besorgniserregende Entwicklung der Wohnungsmärkte erfreulicherweise entgegengekommen. Allerdings ist noch nicht ersichtlich, ob mit dem novellierten Gesetz jetzt eine dau-erhafte Lösung gefunden wurde.

Besonders erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang die Initiative der Länder Sachsen-Anhalt und Brandenburg, bei der aktuellen Novellierung einen neuen § 6 a Altschuldenhilfegesetz aufzuneh-men. Dieser beinhaltet eine Härtefallregelung für besonders vom Leerstand betroffene Wohnungsunter-nehmen. Die Bestimmung ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung die näheren Vor-aussetzungen für eine zusätzliche Entlastung von Altverbindlichkeiten und hierauf beruhender Verbind-lichkeiten für Wohnungsunternehmen festzulegen, die in Folge erheblichen dauerhaften Leerstandes in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet sind und Altschuldenhilfe erhalten haben. Die Entlastung soll sich nach dem Umfang der Wohnraumverminderung richten, der im Rahmen eines tragfähigen Sanie-rungskonzepts für das Unternehmen erreicht wird. Voraussetzung für die Gewährung ist, daß sich das Land an dem Sanierungskonzept in mindestens der Höhe der Entlastung durch den Bund beteiligt. Der Inhalt der Neuregelung wird Gegenstand eines gesonderten Beitrages am heutigen Nachmittag sein. Diese Neuregelung schafft den Rahmen dafür, in ihrer Existenz bedrohte Wohnungsunternehmen zu stabilisieren. Ich möchte Ihnen, Herr Minister Meyer, auch von dieser Stelle noch einmal herzlich für Ihre Initiative danken.


Die Rolle und Bedeutung einer gemeinsamen Strategie

Die Sanierung von Wohnungsunternehmen mit hohen Leerständen berührt jedoch auch die Stadtent-wicklung in hohem Maße. Es geht darum, Schrumpfungsprozesse stadtverträglich abgestimmt zu steu-ern. Für jede Stadt oder Gemeinde ist es daher von vitalem Interesse, mit zu entscheiden, an welcher Stelle Wohnungsbestände saniert, qualifiziert oder rückgebaut werden müssen.

Im Zusammenhang mit der noch zu erlassenden - und ebenfalls am heutigen Nachmittag zu erörtern-den - Rechtsverordnung zum Altschuldenhilfegesetz wird auch die Einbindung der Sanierungskonzepts der Wohnungsunternehmen in die stadtentwicklungspolitischen Vorstellungen der jeweiligen Kommu-ne diskutiert.

In jedem Fall ist es zu begrüßen, wenn die Ausreichung von Fördermitteln an betroffene Unternehmen an eine Zustimmung der jeweiligen Städte und Gemeinden geknüpft wird.

Es wird allerdings vom Land Brandenburg die Forderung erhoben, das Sanierungskonzept des Unter-nehmens müsse sich jeweils in ein dokumentiertes städtebauliches Konzept der jeweiligen Stadt oder Gemeinde einpassen. Eine Übereinstimmung beider Konzepte soll die Voraussetzung für die weitere Gewährung von Entlastung sein. Dem Vernehmen nach ist unter den Ländern umstritten, ob dieses Er-fordernis in die Rechtsverordnung aufgenommen werden soll - der uns vorliegende Entwurf sieht dies nicht vor - oder lediglich auf andere Weise als Fördervoraussetzung bestimmt wird.

Unabhängig davon werden die wohnungspolitischen Konzepte unserer Städte und Gemeinden für eine Teilentlastung der Wohnungsunternehmen von zunehmender Bedeutung sein. Ein Wohnungsunter-nehmen, welches eine Entlastung von Altschulden begehrt, könnte sich künftig mit der Forderung kon-frontiert sehen, ein mit den Entwicklungsvorstellungen der Gemeinde abgestimmtes Konzept vorzule-gen.

Dahinter steht offenbar der auch meiner Meinung nach grundsätzlich richtige Gedanke, nicht einerseits Rückbau zu finanzieren und andererseits gleichzeitig neuen Förderbedarf zu schaffen.

Für die jeweiligen Städte und Gemeinden wäre dies einerseits als Chance zu sehen. Es ist zweifellos zu begrüßen und muß auch von den Städten und Gemeinden gefordert werden, wenn grundlegende stadtentwicklungspolitische Entscheidungen nicht gegen den Willen oder über den Kopf einer Stadt oder Gemeinde getroffen werden. Es wäre auch nicht wünschenswert, wenn die Eigentümer großer Wohnungsbestände maßgeblich über die Entwicklung unserer Städte und Gemeinden entschieden. Dies bleibt vornehmliche Aufgabe der Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen. Diese haben letztlich zu entscheiden, an welcher Stelle Schwerpunkte der Entwicklung gesetzt oder der Rückbau von Stadtteilen vorgenommen wird.

Für die jeweiligen Städte und Gemeinden würde dies anderseits bedeuten, dass sie ihre Entwick-lungsabsichten auch der Beurteilung eines Fördermittelgebers des Wohnungsunternehmens zu unter-stellen hätten. Hier ergibt sich für mich allerdings eine Frage: Kann ausgeschlossen werden, daß über die wünschenswerte Entlastung ein neuer „goldener Zügel„ für die gemeindliche Wohnungspolitik ge-schaffen wird?

Zudem stellen sich mir eine Reihe von praktischen Fragen der Umsetzung einer solchen Regelung:

Eine Anzahl von Gemeinden, die seit längerem aktiv die Leerstandsproblematik angehen, verfügt be-reits über Konzepte, die auch die künftigen Anforderungen erfüllen. Dies wird jedoch nicht für alle be-troffenen Städte und Gemeinden gelten. Das Beispiel der Stadt Schwedt und auch der Stadt Cottbus zeigt jedoch, daß die Entwicklung eines tragfähigen städtebaulichen Konzeptes zur Anpassung der Wohnungsbestände und der Wohnsituation an die sich verändernde Nachfragesituation mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Ich frage mich, ob die auf Entlastung angewiesenen Wohnungsunternehmen in an-deren betroffenen Städten noch über soviel Zeit verfügen.

Weiterhin darf nicht unerwähnt bleiben, daß jedes kommunale Konzept derartiger Tragweite von der Stadtverordnetenversammlung zu beschließen ist. Vorausgehen müssen langwierige Abstimmungen: Mit den Wohnungsunternehmen, anderen Interessengruppen in einer Stadt, innerhalb der Verwaltung und der Kommunalpolitik. Ich warne davor, zu erwarten, dass von einer Stadt ein über Jahre hinaus an-gelegtes tragfähiges Konzept in wenigen Monaten verabschiedet werden kann.

Zudem wird im Land gegenwärtig eine Gemeindestrukturreformdiskussion geführt, die auch die städte-baulichen und wohnungspolitischen Entwicklungskonzepte vieler Städte und Gemeinden berühren wird. Wird eine Gemeindevertretung, die sich mit der Forderung nach einem Gemeindezusammenschluß konfrontiert sieht, noch die Kraft haben, ein solch grundlegendes Konzept zu beschließen, welches in einer größeren Gemeinde, die neue räumliche Beziehungen zu ordnen hat, mit hoher Wahrscheinlich-keit veraltet sein wird?

Weiterhin stellt sich mir die Frage, welche Kosten die von den Städten und Gemeinden abverlangten Konzepte verursachen werden. Werden die betroffenen Kommunen in der Lage sein, diese neue Auf-gabe aus ihren Haushalten zu finanzieren? Ich will nicht die Forderung nach einem neuen Förderpro-gramm erheben, denn die Mittel würden den Kommunen nur an anderer Stelle genommen werden. Ich gebe allerdings zu bedenken, nicht neue kostenträchtige Aufgaben zu verlangen.

Wir sollten gemeinsam nach Wegen zu suchen, die Zustimmung der Städte und Gemeinden auch ohne komplexe neue Untersuchungen als für eine Förderung ausreichend anzusehen, vor allem, wenn eine Übereinstimmung mit bereits vorhandenen Planwerken besteht.

Um hier zu einem angemessenen Ergebnis zu kommen, bedarf es m.E. noch eines intensiven Abstim-mungsprozesses zwischen Land und Kommunen.


Zusammenwirken von Kommunen und Eigentümern von Wohnungsbeständen

Das eben gesagte macht deutlich, daß künftig - unabhängig von der Frage der Bedeutung dokumen-tierter kommunaler wohnungspolitischer Konzepte als Fördervoraussetzung - die Entwicklungsvorstel-lungen der Wohnungsunternehmen und die der Städte und Gemeinden stärker aufeinander abge-stimmt werden müssen. Dies gilt etwa im Hinblick auf die Standorte künftiger Entwicklungen. Hierbei macht es sicher einen Unterschied, ob eine Kommune zugleich Gesellschafterin des betroffenen Woh-nungsunternehmens ist oder ob mit Genossenschaften oder einzelnen Privatpersonen zusammenge-wirkt wird.

Als Gesellschafterin sollte sich eine Stadt oder Gemeinde auf die ihr zur Verfügung stehenden Steue-rungsinstrumente besinnen. So hat es sich in vielen Städten und Gemeinden bewährt, wenn die kommunalpolitisch Verantwortlichen zugleich im Aufsichtsrat eines Wohnungsunternehmens an her-ausgehobener Stelle mitwirken. Mit ihren Wohnungsunternehmen können Kommunen einen wichtigen Beitrag für ihre Stadtentwicklung leisten. Dies belegen zahlreiche Beispiele, in denen kommunale Woh-nungsunternehmen auch zugleich zentrale städtebauliche Aufgaben bewältigt haben.

Gelungene Beispiele mehrerer Städte des Landes Brandenburg zeigen, daß die Prozesse zur Erstel-lung von Leitbildern, Planungen oder Handlungskonzepten in der „Stadt„ breit verankert sein sollten. Neben den Verantwortungsträgern aus Verwaltung, Vertretung und den örtlichen Wohnungsunterneh-men ist auch eine Einbeziehung der Mieter und der lokalen Wirtschaft erforderlich. Eine wichtige Rolle spielt dabei sicher auch die Öffentlichkeitsarbeit. In Gebieten mit hohem Wohnungsleerstand ist die Bevölkerung bereits für die Problematik hoch sensibilisiert. Auch wenn im Einzelfall Polarisierungen schwer vermeidbar sind, muß es Ziel dabei sein, auch bei der Bevölkerung eine breite Akzeptanz für die anstehenden Aufgaben zu gewinnen, Schrumpfungsprozesse zu bewältigen. Anders wird es schwer sein, die - für viele Menschen schmerzhaften - Konzepte umzusetzen.

Ich möchte daran erinnern, daß viele Ostdeutsche zu einer Plattenwohnung - ich bezeichne sie des bes-seren Verständnisses wegen als „Neubauwohnung„ - eine besondere Beziehung haben. Wenn wir be-denken, wie glücklich man war, so eine Wohnung mit Komfort - also mit Fernheizung und Warmwasser - nach einer oftmals langen Wartezeit zu bekommen, ist das sicherlich auch denjenigen einleuchtend, die nicht in dieser Situation waren.

In Cottbus wurden vor kurzem die ersten beiden Häuser abgerissen. Da die Bewohner das Konzept für die Sanierung der übrigen Blöcke - einschließlich des Umfeldes - akzeptierten und durch eine offensive Öffentlichkeitsarbeit umfassend informiert waren, wurde der Rückbau akzeptiert.

Ich meine, im Ergebnis eines Abstimmungsprozesses sollte ein auch vom Wohnungsunternehmen und anderen Eigentümern als gemeinsame Strategie akzeptiertes Leitbild und eine abgestimmte Vor-gehensweise zur Stabilisierung der betroffenen Gebiete und damit der Städte und Gemeinden in jedem Fall stehen. Es muß auch insoweit darum gehen, die Kräfte gemeinsam auf ein Ziel auszurichten und zudem Privatinitiative und Bürgersinn in der Bevölkerung zu wecken. Nur dadurch kann es gelingen, ei-ne neue Attraktivität zu erreichen.

An dieser Stelle sei angemerkt, daß die Abstimmung eines gemeinsamen Leitbildes in Städten, in de-nen der Wohnungsbestand in den Händen nur weniger Eigentümer ist, möglicherweise leichter gelin-gen kann als dort, wo sich eine Stadt mit vielen hunderten Eigentümern auf ein Konzept einigen muß. Gleichwohl halte ich es für bedenkenswert, schon aus Gründen der wünschenswerten Eigentumsbil-dung in unserer Bürgerschaft eine Verbreiterung der Eigentümerstruktur anzustreben.


Herausforderungen an die Stadtentwicklung unter den Aspekten struktureller Veränderungen

Die Schrumpfungsprozesse in manchen Städten und Gemeinden stellen auch die Stadtentwicklungs-planungen vor völlig neue Herausforderungen. Aus den westdeutschen Ländern sind mir Entwicklung-en dieser Dimension nicht bekannt. Einige Städte und Gemeinden im Land Brandenburg verfügen zwar mittlerweile über erste Erfahrungen, die sie auch - z.B. über die Gremien des Städte- und Gemeinde-bundes Brandenburg - an andere Kommunen vermitteln. Allgemein gültige Lösungsmodelle wurden jedoch nicht entwickelt. Jede Stadt oder Gemeinde ist aufgerufen, hier ihren eigenen Weg zu finden. An dieser Stelle will ich daher nur einzelne Aspekte aufzeigen.

Grundsätzlich fällt es auch vielen kommunalpolitisch Verantwortlichen schwer, die Schrumpfungspro-zesse nicht nur zu erkennen, sondern derartige Entwicklungen auch in der Öffentlichkeit offen auszu-sprechen. Immer wieder werden derartige Fragen dort negativ belegt.

Ein durch Rückbauten manifestiertes Bekenntnis zum „Schrumpfen„ kann in der Bürgerschaft einer Stadt leicht zu massivem Widerstand führen. In erinnere im Zusammenhang nur an die Presseberichte der letzten Wochen über die gegen den Bürgermeister der Stadt Schwedt gerichteten massiven Dro-hungen. Diese müssen nachdrücklich verurteilt werden.

Aber auch überall dort, wo Überkapazitäten an Schulen oder Kindertagesstätten - und damit auch Ar-beitsplätze - abzubauen sind, sehen sich gerade die in den Städten und Gemeinden Verantwortlichen massiver Kritik der Betroffenen und vielfach auch der Öffentlichkeit ausgesetzt.

Für Städte und Gemeinden ist ein Einwohnerverlust nicht nur mit verminderten Einnahmen, sondern häufig auch mit der Gefahr des Verlustes zentralörtlicher Funktionen und damit weiterer Entwicklungs-chancen verbunden. Hinzu kommt, daß ein leerstandsbedingtes niedriges Mietniveau private Investitio-nen in den vorhandenen Beständen unattraktiv werden läßt und notwendige Sanierungsmaßen unter-bleiben müssen.

Allerdings bilden Schrumpfungsprozesse auch eine Chance und die Notwendigkeit für qualitatives Wachstum: Neben dem bloßen Verlust an Einwohnern müssen sich die Städte und Gemeinden, wie auch die Anbieter von Wohnraum, auf neue Wohnbedürfnisse der Bevölkerung einstellen. So entspricht der Bedarf an Wohnfläche „pro Kopf“ noch nicht den Anforderungen, wie sie aus den westdeutschen Städten bekannt sind. Das ist auch auf die noch sinkenden Haushaltsgrößen zurückzuführen. Auch verändert sich die Altersstruktur der Wohnbevölkerung zum Teil dramatisch.

Ferner sind die Ansprüche der Einwohner nach einem qualifizierten Angebot an Versorgungs- und Dienstleistungen in naher Entfernung zu ihrer Wohnung erheblich gestiegen. Ein attraktiveres Angebot an Sozial- und Freizeiteinrichtungen (Kita, Schule, Sportanlagen) wird heute erwartet und trägt zur not-wendigen Aufwertung der Wohngebiete bei. Damit wird auch ein Beitrag zu deren Stabilisierung ge-leistet.

Zugleich ist weiterhin ein erheblicher Bedarf an Einfamilienhäusern, insbesondere solchen für Schwel-lenhaushalte, zu verzeichnen. Auch für diesen Markt müssen Städte und Gemeinden Angebote bereit-halten, wenn nicht eine Abwanderung in konkurrierende Nachbarkommunen in Kauf genommen wer-den soll.

Das zeigt die Komplexität der Aufgaben, die sich den Städten und Gemeinden auch bei einem Rück-gang der Bevölkerung stellen. Hierauf kann nicht nur mit einer einfachen „Abrißstrategie“ geantwortet werden. Vielmehr ist es notwendig, komplexe Veränderungen im Dialog mit den Beteiligten zu erfassen und einer aktiven Qualifizierungsstrategie zu verknüpfen.

Angesichts dieser Herausforderungen will ich daher nochmals vor der Erwartung warnen, derartige Konzepte seien in kurzer Zeit für einen längeren Zeithorizont zu erstellen. Ich meine, dies verdeutlicht vielmehr den Umfang und die Komplexität der Aufgaben, denen sich gerade die Städte und Gemeinden mit hohen Wohnungsleerständen in Zukunft zu stellen haben.


Nachhaltige Stadtentwicklung - Bedeutung für die Kommunalwirtschaft

In diese Überlegungen fließen natürlich auch Fragen einer nachhaltigen Stadtentwicklungsstrategie mit ein. Dabei geht es darum anzustreben, Ressourcen nur noch in dem Umfang zu verbrauchen, in dem sie auch ersetzt werden können.

Die notwendige Stadterneuerung oder der künftig erforderliche Stadtumbau sind von den Städten und Gemeinden vielfach auch als Chance zu einer ressourcenschonenden Stadtentwicklung erkannt wor-den. Ich erinnere nur an Konzepte zur zentralen Abwasserbeseitigung, zum Sparen von Energie oder zur aktiven Minderung der Luftschadstoffe bei der Sanierung der Wohnungsbestände. Schrumpfungsprozesse in Städten und Gemeinden bieten zugleich auch die Chance, mit dem Boden schonend umzugehen. Viele Kommunen haben die Gelegenheit genutzt, durch die Revitalisierung von Beständen, die Reaktivierung städtebaulicher Brachen oder durch Lückenschließung die ansonsten erforderliche Inanspruchnahme des Außenbereichs zu verhindern. Zugleich kann es durch derartige Verdichtungen oder Reaktivierung im Innenbereich gelingen, die vorhandene Infrastruktur wieder besser auszulasten.

Mit meinen Ausführungen hoffe ich den Umfang und die Reichweite der anstehenden Aufgaben der Stadtentwicklung deutlich gemacht zu haben. Die Vergangenheit hat gezeigt, daß die Städte und Ge-meinden auch im Land Brandenburg auf sich allein gestellt nicht in der Lage sind, dieses Erbe der Zentralverwaltungswirtschaft zu bewältigen. Sie bleiben daher auch in Zukunft auf eine Unterstützung des Bundes und des Landes bei der Bewältigung dieser Aufgaben angewiesen. Das gilt auch für die Gewährung von Altschuldenhilfe. Erforderlich bleibt auch eine Sicherung der Umstrukturierungs-maßnahmen durch eine Städtebauförderung auf gleich bleibend hohem Niveau.

Entscheidend wird es aber das will ich besonders betonen auf die Kraft der Städte und Gemeinden ankommen, die anstehenden Umstrukturierungsprozesse aktiv zu gestalten.

Die Rolle und Bedeutung einer gemeinsamen Strategie

Die Sanierung von Wohnungsunternehmen mit hohen Leerständen berührt jedoch auch die Stadtent-wicklung in hohem Maße. Es geht darum, Schrumpfungsprozesse stadtverträglich abgestimmt zu steu-ern. Für jede Stadt oder Gemeinde ist es daher von vitalem Interesse, mit zu entscheiden, an welcher Stelle Wohnungsbestände saniert, qualifiziert oder rückgebaut werden müssen.

Im Zusammenhang mit der noch zu erlassenden - und ebenfalls am heutigen Nachmittag zu erörtern-den - Rechtsverordnung zum Altschuldenhilfegesetz wird auch die Einbindung der Sanierungskonzepts der Wohnungsunternehmen in die stadtentwicklungspolitischen Vorstellungen der jeweiligen Kommu-ne diskutiert.

In jedem Fall ist es zu begrüßen, wenn die Ausreichung von Fördermitteln an betroffene Unternehmen an eine Zustimmung der jeweiligen Städte und Gemeinden geknüpft wird.

Es wird allerdings vom Land Brandenburg die Forderung erhoben, das Sanierungskonzept des Unter-nehmens müsse sich jeweils in ein dokumentiertes städtebauliches Konzept der jeweiligen Stadt oder Gemeinde einpassen. Eine Übereinstimmung beider Konzepte soll die Voraussetzung für die weitere Gewährung von Entlastung sein. Dem Vernehmen nach ist unter den Ländern umstritten, ob dieses Er-fordernis in die Rechtsverordnung aufgenommen werden soll - der uns vorliegende Entwurf sieht dies nicht vor - oder lediglich auf andere Weise als Fördervoraussetzung bestimmt wird.

Unabhängig davon werden die wohnungspolitischen Konzepte unserer Städte und Gemeinden für eine Teilentlastung der Wohnungsunternehmen von zunehmender Bedeutung sein. Ein Wohnungsunter-nehmen, welches eine Entlastung von Altschulden begehrt, könnte sich künftig mit der Forderung kon-frontiert sehen, ein mit den Entwicklungsvorstellungen der Gemeinde abgestimmtes Konzept vorzule-gen.

Dahinter steht offenbar der auch meiner Meinung nach grundsätzlich richtige Gedanke, nicht einerseits Rückbau zu finanzieren und andererseits gleichzeitig neuen Förderbedarf zu schaffen.

Für die jeweiligen Städte und Gemeinden wäre dies einerseits als Chance zu sehen. Es ist zweifellos zu begrüßen und muß auch von den Städten und Gemeinden gefordert werden, wenn grundlegende stadtentwicklungspolitische Entscheidungen nicht gegen den Willen oder über den Kopf einer Stadt oder Gemeinde getroffen werden. Es wäre auch nicht wünschenswert, wenn die Eigentümer großer Wohnungsbestände maßgeblich über die Entwicklung unserer Städte und Gemeinden entschieden. Dies bleibt vornehmliche Aufgabe der Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen. Diese haben letztlich zu entscheiden, an welcher Stelle Schwerpunkte der Entwicklung gesetzt oder der Rückbau von Stadtteilen vorgenommen wird.

Für die jeweiligen Städte und Gemeinden würde dies anderseits bedeuten, dass sie ihre Entwick-lungsabsichten auch der Beurteilung eines Fördermittelgebers des Wohnungsunternehmens zu unter-stellen hätten. Hier ergibt sich für mich allerdings eine Frage: Kann ausgeschlossen werden, daß über die wünschenswerte Entlastung ein neuer „goldener Zügel„ für die gemeindliche Wohnungspolitik ge-schaffen wird?

Zudem stellen sich mir eine Reihe von praktischen Fragen der Umsetzung einer solchen Regelung:

Eine Anzahl von Gemeinden, die seit längerem aktiv die Leerstandsproblematik angehen, verfügt be-reits über Konzepte, die auch die künftigen Anforderungen erfüllen. Dies wird jedoch nicht für alle be-troffenen Städte und Gemeinden gelten. Das Beispiel der Stadt Schwedt und auch der Stadt Cottbus zeigt jedoch, daß die Entwicklung eines tragfähigen städtebaulichen Konzeptes zur Anpassung der Wohnungsbestände und der Wohnsituation an die sich verändernde Nachfragesituation mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Ich frage mich, ob die auf Entlastung angewiesenen Wohnungsunternehmen in an-deren betroffenen Städten noch über soviel Zeit verfügen.

Weiterhin darf nicht unerwähnt bleiben, daß jedes kommunale Konzept derartiger Tragweite von der Stadtverordnetenversammlung zu beschließen ist. Vorausgehen müssen langwierige Abstimmungen: Mit den Wohnungsunternehmen, anderen Interessengruppen in einer Stadt, innerhalb der Verwaltung und der Kommunalpolitik. Ich warne davor, zu erwarten, dass von einer Stadt ein über Jahre hinaus an-gelegtes tragfähiges Konzept in wenigen Monaten verabschiedet werden kann.

Zudem wird im Land gegenwärtig eine Gemeindestrukturreformdiskussion geführt, die auch die städte-baulichen und wohnungspolitischen Entwicklungskonzepte vieler Städte und Gemeinden berühren wird. Wird eine Gemeindevertretung, die sich mit der Forderung nach einem Gemeindezusammenschluß konfrontiert sieht, noch die Kraft haben, ein solch grundlegendes Konzept zu beschließen, welches in einer größeren Gemeinde, die neue räumliche Beziehungen zu ordnen hat, mit hoher Wahrscheinlich-keit veraltet sein wird?

Weiterhin stellt sich mir die Frage, welche Kosten die von den Städten und Gemeinden abverlangten Konzepte verursachen werden. Werden die betroffenen Kommunen in der Lage sein, diese neue Auf-gabe aus ihren Haushalten zu finanzieren? Ich will nicht die Forderung nach einem neuen Förderpro-gramm erheben, denn die Mittel würden den Kommunen nur an anderer Stelle genommen werden. Ich gebe allerdings zu bedenken, nicht neue kostenträchtige Aufgaben zu verlangen.

Wir sollten gemeinsam nach Wegen zu suchen, die Zustimmung der Städte und Gemeinden auch ohne komplexe neue Untersuchungen als für eine Förderung ausreichend anzusehen, vor allem, wenn eine Übereinstimmung mit bereits vorhandenen Planwerken besteht.

Um hier zu einem angemessenen Ergebnis zu kommen, bedarf es m.E. noch eines intensiven Abstim-mungsprozesses zwischen Land und Kommunen.

 

Zusammenwirken von Kommunen und Eigentümern von Wohnungsbeständen

Das eben gesagte macht deutlich, daß künftig - unabhängig von der Frage der Bedeutung dokumen-tierter kommunaler wohnungspolitischer Konzepte als Fördervoraussetzung - die Entwicklungsvorstel-lungen der Wohnungsunternehmen und die der Städte und Gemeinden stärker aufeinander abge-stimmt werden müssen. Dies gilt etwa im Hinblick auf die Standorte künftiger Entwicklungen. Hierbei macht es sicher einen Unterschied, ob eine Kommune zugleich Gesellschafterin des betroffenen Woh-nungsunternehmens ist oder ob mit Genossenschaften oder einzelnen Privatpersonen zusammenge-wirkt wird.

Als Gesellschafterin sollte sich eine Stadt oder Gemeinde auf die ihr zur Verfügung stehenden Steue-rungsinstrumente besinnen. So hat es sich in vielen Städten und Gemeinden bewährt, wenn die kommunalpolitisch Verantwortlichen zugleich im Aufsichtsrat eines Wohnungsunternehmens an her-ausgehobener Stelle mitwirken. Mit ihren Wohnungsunternehmen können Kommunen einen wichtigen Beitrag für ihre Stadtentwicklung leisten. Dies belegen zahlreiche Beispiele, in denen kommunale Woh-nungsunternehmen auch zugleich zentrale städtebauliche Aufgaben bewältigt haben.

Gelungene Beispiele mehrerer Städte des Landes Brandenburg zeigen, daß die Prozesse zur Erstel-lung von Leitbildern, Planungen oder Handlungskonzepten in der „Stadt„ breit verankert sein sollten. Neben den Verantwortungsträgern aus Verwaltung, Vertretung und den örtlichen Wohnungsunterneh-men ist auch eine Einbeziehung der Mieter und der lokalen Wirtschaft erforderlich. Eine wichtige Rolle spielt dabei sicher auch die Öffentlichkeitsarbeit. In Gebieten mit hohem Wohnungsleerstand ist die Bevölkerung bereits für die Problematik hoch sensibilisiert. Auch wenn im Einzelfall Polarisierungen schwer vermeidbar sind, muß es Ziel dabei sein, auch bei der Bevölkerung eine breite Akzeptanz für die anstehenden Aufgaben zu gewinnen, Schrumpfungsprozesse zu bewältigen. Anders wird es schwer sein, die - für viele Menschen schmerzhaften - Konzepte umzusetzen.

Ich möchte daran erinnern, daß viele Ostdeutsche zu einer Plattenwohnung - ich bezeichne sie des bes-seren Verständnisses wegen als „Neubauwohnung„ - eine besondere Beziehung haben. Wenn wir be-denken, wie glücklich man war, so eine Wohnung mit Komfort - also mit Fernheizung und Warmwasser - nach einer oftmals langen Wartezeit zu bekommen, ist das sicherlich auch denjenigen einleuchtend, die nicht in dieser Situation waren.

In Cottbus wurden vor kurzem die ersten beiden Häuser abgerissen. Da die Bewohner das Konzept für die Sanierung der übrigen Blöcke - einschließlich des Umfeldes - akzeptierten und durch eine offensive Öffentlichkeitsarbeit umfassend informiert waren, wurde der Rückbau akzeptiert.

Ich meine, im Ergebnis eines Abstimmungsprozesses sollte ein auch vom Wohnungsunternehmen und anderen Eigentümern als gemeinsame Strategie akzeptiertes Leitbild und eine abgestimmte Vor-gehensweise zur Stabilisierung der betroffenen Gebiete und damit der Städte und Gemeinden in jedem Fall stehen. Es muß auch insoweit darum gehen, die Kräfte gemeinsam auf ein Ziel auszurichten und zudem Privatinitiative und Bürgersinn in der Bevölkerung zu wecken. Nur dadurch kann es gelingen, ei-ne neue Attraktivität zu erreichen.

An dieser Stelle sei angemerkt, daß die Abstimmung eines gemeinsamen Leitbildes in Städten, in de-nen der Wohnungsbestand in den Händen nur weniger Eigentümer ist, möglicherweise leichter gelin-gen kann als dort, wo sich eine Stadt mit vielen hunderten Eigentümern auf ein Konzept einigen muß. Gleichwohl halte ich es für bedenkenswert, schon aus Gründen der wünschenswerten Eigentumsbil-dung in unserer Bürgerschaft eine Verbreiterung der Eigentümerstruktur anzustreben.

Herausforderungen an die Stadtentwicklung unter den Aspekten struktureller Veränderungen

Die Schrumpfungsprozesse in manchen Städten und Gemeinden stellen auch die Stadtentwicklungs-planungen vor völlig neue Herausforderungen. Aus den westdeutschen Ländern sind mir Entwicklung-en dieser Dimension nicht bekannt. Einige Städte und Gemeinden im Land Brandenburg verfügen zwar mittlerweile über erste Erfahrungen, die sie auch - z.B. über die Gremien des Städte- und Gemeinde-bundes Brandenburg - an andere Kommunen vermitteln. Allgemein gültige Lösungsmodelle wurden jedoch nicht entwickelt. Jede Stadt oder Gemeinde ist aufgerufen, hier ihren eigenen Weg zu finden. An dieser Stelle will ich daher nur einzelne Aspekte aufzeigen.

Grundsätzlich fällt es auch vielen kommunalpolitisch Verantwortlichen schwer, die Schrumpfungspro-zesse nicht nur zu erkennen, sondern derartige Entwicklungen auch in der Öffentlichkeit offen auszu-sprechen. Immer wieder werden derartige Fragen dort negativ belegt.

Ein durch Rückbauten manifestiertes Bekenntnis zum „Schrumpfen„ kann in der Bürgerschaft einer Stadt leicht zu massivem Widerstand führen. In erinnere im Zusammenhang nur an die Presseberichte der letzten Wochen über die gegen den Bürgermeister der Stadt Schwedt gerichteten massiven Dro-hungen. Diese müssen nachdrücklich verurteilt werden.

Aber auch überall dort, wo Überkapazitäten an Schulen oder Kindertagesstätten - und damit auch Ar-beitsplätze - abzubauen sind, sehen sich gerade die in den Städten und Gemeinden Verantwortlichen massiver Kritik der Betroffenen und vielfach auch der Öffentlichkeit ausgesetzt.

Für Städte und Gemeinden ist ein Einwohnerverlust nicht nur mit verminderten Einnahmen, sondern häufig auch mit der Gefahr des Verlustes zentralörtlicher Funktionen und damit weiterer Entwicklungs-chancen verbunden. Hinzu kommt, daß ein leerstandsbedingtes niedriges Mietniveau private Investitio-nen in den vorhandenen Beständen unattraktiv werden läßt und notwendige Sanierungsmaßen unter-bleiben müssen.

Allerdings bilden Schrumpfungsprozesse auch eine Chance und die Notwendigkeit für qualitatives Wachstum: Neben dem bloßen Verlust an Einwohnern müssen sich die Städte und Gemeinden, wie auch die Anbieter von Wohnraum, auf neue Wohnbedürfnisse der Bevölkerung einstellen. So entspricht der Bedarf an Wohnfläche „pro Kopf“ noch nicht den Anforderungen, wie sie aus den westdeutschen Städten bekannt sind. Das ist auch auf die noch sinkenden Haushaltsgrößen zurückzuführen. Auch verändert sich die Altersstruktur der Wohnbevölkerung zum Teil dramatisch.

Ferner sind die Ansprüche der Einwohner nach einem qualifizierten Angebot an Versorgungs- und Dienstleistungen in naher Entfernung zu ihrer Wohnung erheblich gestiegen. Ein attraktiveres Angebot an Sozial- und Freizeiteinrichtungen (Kita, Schule, Sportanlagen) wird heute erwartet und trägt zur not-wendigen Aufwertung der Wohngebiete bei. Damit wird auch ein Beitrag zu deren Stabilisierung ge-leistet.

Zugleich ist weiterhin ein erheblicher Bedarf an Einfamilienhäusern, insbesondere solchen für Schwel-lenhaushalte, zu verzeichnen. Auch für diesen Markt müssen Städte und Gemeinden Angebote bereit-halten, wenn nicht eine Abwanderung in konkurrierende Nachbarkommunen in Kauf genommen wer-den soll.

Das zeigt die Komplexität der Aufgaben, die sich den Städten und Gemeinden auch bei einem Rück-gang der Bevölkerung stellen. Hierauf kann nicht nur mit einer einfachen „Abrißstrategie“ geantwortet werden. Vielmehr ist es notwendig, komplexe Veränderungen im Dialog mit den Beteiligten zu erfassen und einer aktiven Qualifizierungsstrategie zu verknüpfen.

Angesichts dieser Herausforderungen will ich daher nochmals vor der Erwartung warnen, derartige Konzepte seien in kurzer Zeit für einen längeren Zeithorizont zu erstellen. Ich meine, dies verdeutlicht vielmehr den Umfang und die Komplexität der Aufgaben, denen sich gerade die Städte und Gemeinden mit hohen Wohnungsleerständen in Zukunft zu stellen haben.

Nachhaltige Stadtentwicklung - Bedeutung für die Kommunalwirtschaft

In diese Überlegungen fließen natürlich auch Fragen einer nachhaltigen Stadtentwicklungsstrategie mit ein. Dabei geht es darum anzustreben, Ressourcen nur noch in dem Umfang zu verbrauchen, in dem sie auch ersetzt werden können.

Die notwendige Stadterneuerung oder der künftig erforderliche Stadtumbau sind von den Städten und Gemeinden vielfach auch als Chance zu einer ressourcenschonenden Stadtentwicklung erkannt wor-den. Ich erinnere nur an Konzepte zur zentralen Abwasserbeseitigung, zum Sparen von Energie oder zur aktiven Minderung der Luftschadstoffe bei der Sanierung der Wohnungsbestände. Schrumpfungsprozesse in Städten und Gemeinden bieten zugleich auch die Chance, mit dem Boden schonend umzugehen. Viele Kommunen haben die Gelegenheit genutzt, durch die Revitalisierung von Beständen, die Reaktivierung städtebaulicher Brachen oder durch Lückenschließung die ansonsten erforderliche Inanspruchnahme des Außenbereichs zu verhindern. Zugleich kann es durch derartige Verdichtungen oder Reaktivierung im Innenbereich gelingen, die vorhandene Infrastruktur wieder besser auszulasten.

Mit meinen Ausführungen hoffe ich den Umfang und die Reichweite der anstehenden Aufgaben der Stadtentwicklung deutlich gemacht zu haben. Die Vergangenheit hat gezeigt, daß die Städte und Ge-meinden auch im Land Brandenburg auf sich allein gestellt nicht in der Lage sind, dieses Erbe der Zentralverwaltungswirtschaft zu bewältigen. Sie bleiben daher auch in Zukunft auf eine Unterstützung des Bundes und des Landes bei der Bewältigung dieser Aufgaben angewiesen. Das gilt auch für die Gewährung von Altschuldenhilfe. Erforderlich bleibt auch eine Sicherung der Umstrukturierungs-maßnahmen durch eine Städtebauförderung auf gleich bleibend hohem Niveau.

Entscheidend wird es aber das will ich besonders betonen auf die Kraft der Städte und Gemeinden ankommen, die anstehenden Umstrukturierungsprozesse aktiv zu gestalten.