Mitteilungen 09/2015, Seite 372, Nr. 190

Urteile zum Preisanpassungsrecht bei der Abwasserbeseitigung

In aktuellen Urteilen befassen sich das Oberlandesgericht Celle und das Oberlandesgericht Dresden mit der Frage der Preisanpassung bei der privatrechtlich organisierten Abwasserbeseitigung. Die Gerichte kommen zu dem Ergebnis, dass die Abwasserbeseitiger den strengen Vorgaben des Zivilrechts zur Preiskontrolle entbunden sein können, wenn öffentlich-rechtliche Grundsätze wie ein Anschluss- und Benutzungszwang das Zivilrecht überlagern. Im Übrigen führt das OLG Celle aus, dass Entgelte für die Abwasserbeseitigung regelmäßig dann unbillig sind, wenn keine Trennung zwischen den auf die Schmutzwasser- und auf die Niederschlagswasser entfallenden Entgelten vorgenommen wird. Die Urteile sind aus kommunaler Sicht zu begrüßen, weil sie zu mehr Rechtssicherheit im Bereich der Preisanpassungsklauseln führen, die Abwasserbeseitiger auf der Grundlage von zivilrechtlichen Verträgen mit ihren Kunden vereinbaren.

I. Zur Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln

Die Urteile beider Gerichte befassten sich mit der Frage, ob einseitige Preisanpassungsklauseln, wie sie von Abwasserentsorgern oftmals in den allgemeinen Entsorgungsbedingungen verwendet werden, auch dann wirksam sind, wenn sie nicht den strengen Vorgaben des Zivilrechts über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) entsprechen.

In dem vom OLG Celle (Az. 13 U 62/14 vom 2. Juni 2015) entschiedenen Fall hatte ein Abwasserverband eine Klausel verwendet, wonach er die Entgelte für eine privatrechtlich organisierte Abwasserbeseitigung einseitig ändern kann. Der 13. Zivilsenat des OLG Celle kommt diesbezüglich zu dem Ergebnis, dass diese Klausel auch dann wirksam ist, wenn sie den Bestimmtheitsanforderungen des AGB-Rechts nicht genügt, sofern zugunsten des Abwasserverbandes ein wirksamer Anschluss- und Benutzungszwang besteht.

Mit diesem Urteil weicht der 13. Zivilsenat von einer älteren Rechtsprechung des 7. Zivilsenats des OLG Celle ab (Az. 7 U 62/11 vom 7. März 2012), indem er die Auffassung vertritt, dass die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze zur Preiskontrolle nicht greifen. Dem Abwasserzweckverband stehe aufgrund eines existierenden Anschluss- und Benutzungszwangs bereits von Gesetzes wegen ein ungeschriebenes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zu. Deshalb unterliege die Einräumung eines gleichgelagerten Rechts zur einseitigen Preisanpassung nicht der zivilrechtlichen Inhaltskontrolle.
Bei Bestehen eines Anschluss- und Benutzungszwanges können demnach privatrechtliche Leistungsentgelte nach § 315 BGB auch ohne eine entsprechende Vereinbarung einseitig festgesetzt werden.

Das OLG Dresden (Az. 9 U 83/15 vom 14. Juli 2015) hatte ebenfalls einen Fall zu entscheiden, in dem ein privatrechtlich organisierter, vollständig in kommunaler Hand befindlicher Abwasserentsorger eine Preisanpassungsklausel verwendete. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Bindung an öffentlich-rechtliche Grundsätze, wie beispielsweise das Kostendeckungsprinzip die Transparenz Allgemeiner Geschäftsbedingungen herstellen kann.

II. Zur Trennung der Entgelte für Schmutz- und Niederschlagswasser

Das OLG Celle hat im Übrigen in seinem oben zitierten Urteil entschieden, dass Entgelte für die Abwasserbeseitigung dann unbillig sind, wenn keine Trennung zwischen dem Entgelt für die Schmutzwasser- und jenem für die Niederschlagswasserbeseitigung vorgenommen wird. Die im zu entscheidenden Fall vorgenommene Pauschalierung bei der Entgeltbemessung allein anhand des Frischwassermaßstabs verstoße gegen das abgaberechtliche Äquivalenzprinzip. Insofern knüpft das Gericht an die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Oberverwaltungsgerichte an.

III. Bewertung

Die Urteile zu den Preisanpassungsklauseln bei Abwasserbeseitigern, deren Leistungsbeziehung zu den Kunden auf der Grundlage zivilrechtlicher Verträge ausgestaltet ist, sind zu begrüßen. Damit erfolgt die Korrektur einer Rechtsprechung, welche die wirksame Vereinbarung von Preisanpassungsklauseln infrage gestellt hat und damit zu erheblichem Aufwand in vielen Kommunen bzw. kommunalen Unternehmen geführt hat. Gleichwohl sollte sorgfältig überprüft werden, ob bestehende Preisanpassungsklauseln den jetzt durch die Gerichte aufgestellten Anforderungen entsprechen. In der Sache erscheint diese Rechtsprechung auch nicht als unbillige Benachteiligung der betroffenen Kunden, da diese aufgrund eines fehlenden Rechts zur Kündigung die Möglichkeit haben, eine gerichtliche Billigkeitskontrolle der Entgelte nach § 315 BGB zu erreichen.

(Quelle: DStGB Aktuell 3315)

Az: 807-05

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