Mitteilungen 03/2015, Seite 93, Nr. 65

Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit von Standesämtern

Viele brandenburgische Städte, Gemeinden und Ämter befassen sich derzeit mit den grundsätzlichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Standesämtern. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit vom 10. Juli 2014 (GVBl. I/14 [Nr. 32]) wurden die Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit auch im Bereich des Personenstandswesens wesentlich abgeändert und erweitert.

Die bislang in § 3 Brandenburgisches Gesetz zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (Personenstandsausführungsgesetz - AG-PStG Bbg) enthaltene Ermächtigung des Ministeriums des Innern (heutiges MIK), durch Rechtsverordnung Standesamtsbezirke neu zu bilden, wurde durch eine Befugnis der kommunalen Aufgabenträger ersetzt, auch auf dem Gebiet des Personenstandswesens nach dem Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg (GKGBbg) zusammenzuarbeiten.
Die Zusammenarbeit kommunaler Aufgabenträger erfolgt mittels öffentlich-rechtlicher Vereinbarung zur Durchführung der Aufgaben durch einen anderen Aufgabenträger (Mandatierung) oder zur Übertragung der Aufgaben auf einen anderen Aufgabenträger (Delegation).


1. Durchführung der Aufgaben durch einen anderen Aufgabenträger (Mandatierung)
Für viele Ämter, Städte und Gemeinden ist es wichtig, auch im Falle einer interkommunalen Zusammenarbeit nach außen als zuständiger Aufgabenträger aufzutreten. Briefkopf und Dienstsiegel sollen weiter verwandt werden. Das Handeln des Amtes, der Stadt bzw. der Gemeinde soll weiterhin nach außen hin sichtbar sein, obwohl sich im Innenverhältnis der Leistungen anderer Aufgabenträger bedient wird. In diesem Fall ist eine Aufgabenmandatierung die richtige Wahl.

Gemäß § 3 Absatz 2 Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg (GKGBbg) bleiben bei der Mandatierung mit der Beauftragung zur Durchführung standesamtlicher Aufgaben die Rechte und Pflichten des beauftragenden Aufgabenträgers in Bezug auf die Aufgabenerfüllung unberührt. Bei der Mandatierung verbleiben demnach die Zuständigkeiten für die Aufgabenerfüllung mit sämtlichen daraus erwachsenden Verpflichtungen bei dem bisher zuständigen Aufgabenträger. Der beauftragte Aufgabenträger wird als Erfüllungsgehilfe lediglich im Innenverhältnis tätig und tritt nach außen nicht in Erscheinung. Es werden Briefkopf und Dienstsiegel des beauftragenden Aufgabenträgers verwandt. Darüber hinaus erfolgen sämtliche Beurkundungen weiterhin im Namen des beauftragenden Aufgabenträgers und in dessen Personenstandsregistern, so dass für das Standesamt ein eigener Mandant bei dem beauftragten IT-Dienstleister beizubehalten ist. Der beauftragende Aufgabenträger kann dem beauftragten Aufgabenträger fachliche Weisungen erteilen.

Einsparpotentiale ergeben sich bei der Mandatierung insbesondere dadurch, dass der beauftragende Aufgabenträger gemäß § 1 Absatz 1 Satz 2 BbgPStV möglicher Weise temporär auf eigene Standesbeamte verzichten kann, weil der durchführende Aufgabenträger zur Bestellung der Standesbeamten berechtigt und verpflichtet ist.

Die Mandatierung von Aufgaben ist in Form einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zu regeln. Mandatierende öffentlich-rechtliche Vereinbarungen bedürfen gemäß § 41 Absatz 1 GKGBbg keiner Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde und sind auch fachaufsichtlich genehmigungsfrei. Der Abschluss, die Änderung oder Aufhebung einer mandatierenden öffentlich-rechtlichen Vereinbarung ist jedoch gemäß § 41 Absatz 2 GKGBbg und § 3 Absatz 2 AG-PStG Bbg bei der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde und der unteren Fachaufsichtsbehörde anzuzeigen.
Der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung einer solchen Vereinbarung bedürfen ferner eines vorherigen und übereinstimmenden Beschlusses der Vertretungskörperschaften (Stadtverordnetenversammlung, Gemeindevertretung, Amtsausschuss) der betroffenen Aufgabenträger über den Vereinbarungstext. Die Vereinbarungen sind gemäß § 57 Absatz 2 BbgKVerf von den Hauptverwaltungsbeamten der beteiligten Aufgabenträger und deren jeweiligem allgemeinen Stellvertreter zu unterzeichnen. Die mandatierenden Vereinbarungen werden nach § 9 Absatz 1 GKGBbg mit ihrem Abschluss (letzte Unterschrift) wirksam, wenn kein anderer Zeitpunkt vereinbart ist. Sie sind nach § 8 Absatz 1 GKGBbg von den beteiligten Aufgabenträgern nach den für ihre Satzungen geltenden Hauptsatzungsvorschriften öffentlich bekannt zu machen. 

Eine wechselseitige Beauftragung mit der Durchführung der Aufgaben ist gemäß § 5 Absatz 2 GKGBbg zulässig. Bei der wechselseitigen Beauftragung ist jede beteiligte Kommune berechtigt, die Aufgabe für die Beteiligten durchzuführen.

Oftmals wird die Frage gestellt, welches die erforderliche Anzahl von Standesbeamten zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung ist, wieviel Standesbeamte vor Ort vom Aufgabenträger bestellt werden müssen. § 1 Absatz 3, 2. Halbsatz Brandenburgische Personenstandsverordnung (BbgPStV) regelt, dass für jedes Standesamt mindestens zwei Standesbeamtinnen oder Standesbeamte zu bestellen sind. Weitere Hinweise zur erforderlichen Anzahl von Standesbeamten sowie Nutzung von Synergieeffekten können der Gesetzesbegründung zum § 1 Absatz 3 BbgPStV entnommen werden. Hier heißt es:

„Aus dem früheren PStG soll übernommen werden, dass die erforderliche Anzahl von Standesbeamten zu bestellen ist. Die Festlegung bleibt der Organisationshoheit der Aufgabenträger vorbehalten. Es wird jedoch klargestellt, dass zur Absicherung von Vertretungszeiten auch in kleineren Ämtern und Gemeinden mindestens zwei Standesbeamtinnen oder Standesbeamte zu bestellen sind. Arbeiten Aufgabenträger auf der Grundlage einer mandatierenden öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zusammen, kann die für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung erforderliche Anzahl der Standesbeamtinnen und Standesbeamten bereits dann bestellt sein, wenn der für die Durchführung zuständige Aufgabenträger seine Standesbeamtinnen und Standesbeamten zugleich für das Standesamt des Kooperationspartners bestellt. Da er gemäß § 1 Absatz 2 auch für diese Bestellung zuständig ist, obliegt ihm die Abwägung, wie viele Standesbeamtinnen oder Standesbeamte insgesamt erforderlich sind. Die kommunale Zusammenarbeit kann so zu Einsparungen bei Personal- und Fortbildungskosten sowie zu einer besseren Auslastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen.“

Die Bestellung eines zweiten Standesbeamten kann schlussfolgernd auch in der Form erfolgen, dass ein Standesbeamter bzw. eine Standesbeamtin eines anderen Standesamts zur Durchführung der Aufgabe bestellt wird. Die Bestellung obliegt gemäß § 1 Absatz 1 Satz 2 BbgPStV dem Aufgabenträger, der die Aufgabe durchführt.

2. Übertragung der standesamtlichen Aufgaben (Delegation)
Ämter, Städte und Gemeinden, die die Zielstellung verfolgen, dass alle mit der Aufgabenträgerschaft verbundenen Rechte und Pflichten auf den anderen Aufgabenträger übertragen werden sollen, können sich für eine Aufgabendelegation entscheiden. Der bislang zuständige Aufgabenträger wird somit von der Aufgabenwahrnehmung vollständig entlastet, er kann sich dennoch ein Mitwirkungsrecht bei der Erfüllung der standesamtlichen Aufgaben sichern sowie Regelungen über zu nutzenden Trauzimmer vereinbaren. Briefkopf und Dienstsiegel des delegierenden Aufgabenträgers werden jedoch nicht weiter verwandt.

Überträgt ein Aufgabenträger seine standesamtlichen Aufgaben durch eine delegierende öffentlich-rechtliche Vereinbarung auf einen anderen Aufgabenträger, gehen gemäß § 3 Absatz 3 GKGBbg alle mit der Aufgabenträgerschaft verbundenen Rechte und Pflichten über. Die Personenstandsregister werden nur noch in dem Standesamt des übernehmenden Aufgabenträgers geführt. Sofern die Bezeichnung des Standesamtes des übernehmenden Aufgabenträgers nicht beibehalten werden soll, ist eine einheitliche Bezeichnung für das Standesamt zu vereinbaren.

Delegierende öffentlich-rechtliche Vereinbarungen erzielen erhebliche Synergieeffekte im Hinblick auf die Personal- und Sachkosten. Zudem wird durch die Erhöhung der Fallzahlen die Routine und Fachkompetenz der befassten Standesbeamtinnen und Standesbeamten gestärkt, was insbesondere der korrekten Bearbeitung von Fällen mit Auslandsberührung zugutekommt. Für eine Aufgabenübertragung spricht auch, dass der Einsatz der Standesbeamtinnen und Standesbeamten immer dann am effektivsten erfolgt, wenn sie ausschließlich standesamtliche Aufgaben wahrnehmen und nicht auch mit Aufgaben anderer Fachgebiete betraut sind.

Die Vereinbarung ist nach ihrer Unterzeichnung gemäß § 41 Absatz 3 Nummer 1 GKGBbg der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Diese beteiligt vor der Entscheidung über den Antrag die untere Fachaufsichtsbehörde (§ 110 Absatz 4 BbgKVerf).
Auch die Änderung oder Kündigung einer delegierenden öffentlich-rechtlichen Vereinbarung im Standesamtsbereich bedarf nach § 41 Absatz 3 Nummer 2 GKGBbg der kommunalaufsichtlichen Genehmigung, soweit der Kreis der an der Vereinbarung beteiligten Aufgabenträger oder der Bestand der standesamtlichen Aufgaben (Auftragsangelegenheit; § 1 Absatz 1 AG-PStG Bbg) betroffen ist.
Der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung einer delegierenden öffentlich-rechtlichen Vereinbarung bedürfen eines vorherigen und übereinstimmenden Beschlusses der Vertretungskörperschaften (Stadtverordnetenversammlung, Gemeindevertretung, Amtsausschuss) der betroffenen Aufgabenträger über den Vereinbarungstext. Die Vereinbarungen sind gemäß § 57 Absatz 2 BbgKVerf von den Hauptverwaltungsbeamten der beteiligten Aufgabenträger und deren jeweiligem allgemeinen Stellvertreter zu unterzeichnen.
Die delegierende öffentlich-rechtliche Vereinbarung ist – nach erfolgter Genehmigung – von den beteiligten Aufgabenträgern nach den für ihre Satzungen geltenden Hauptsatzungsvorschriften öffentlich bekannt zu machen (§ 8 Absatz 1 GKGBbg). Sie wird am Tag nach der letzten öffentlichen Bekanntmachung wirksam, wenn nicht in der Vereinbarung ein späterer Zeitpunkt geregelt ist (§ 9 Absatz 2 GKGBbg).

3. Pflichten im Zusammenhang mit der Übertragung bzw. dem Übergang standesamtlicher Aufgaben auf einen anderen Aufgabenträger
Bei einer Aufgabenübertragung durch Delegation (siehe Nummer 2) oder einem Aufgabenübergang aufgrund einer Gebietsänderung sind die nachfolgenden Punkte zu beachten, über die auch das Ministerium des Innern und für Kommunales bereits informiert hat:

  • Beschaffung einer neuen Standesamtsnummer beim Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, auch wenn sich Name und Sitz des Standesamtes nicht ändern; die neue Nummer wird u.a. bei der Nacherfassung zum korrekten Zuordnen der elektronischen Registereinträge benötigt,
  • Übergabe der Altregister, Namensverzeichnisse, Sammelakten und sämtlicher relevanten Vorgänge an den übernehmenden Aufgabenträger, soweit eine Abgabe an das Archiv nicht zulässig oder nicht möglich ist,
  • Abschluss der Personenstandsregister des übertragenden Aufgabenträgers am Tag vor dem Aufgabenübergang in Abstimmung mit dem beauftragten IT-Dienstleister, 
  • Anlegung neuer Personenstands- und Sicherungsregister mit dem Tag des Aufgabenübergangs; hierzu ist rechtzeitig mit dem beauftragten IT-Dienstleister Kontakt aufzunehmen,
  • Ggf. Neubestellung sämtlicher Standesbeamtinnen und Standesbeamten für das übernehmende Standesamt. Eine Neubestellung ist nicht erforderlich, wenn sie mit dem gleichen Inhalt wie die bisherige Bestellung zu erfolgen hätte. In diesem Falle ist ein Hinweisschreiben an die Standesbeamtin oder den Standesbeamten zu übergeben, aus dem sich der Umfang des erweiterten Zuständigkeitsbereichs ergibt.
  • Ggf. Beschaffung neuer Siegel,
  • Unterrichtung des Brandenburgischen IT-Dienstleisters (ZIT-BB), der das Deutsche Verwaltungsdiensteverzeichnis (DVDV) für die Übermittlung elektronischer Mitteilungen (XPersonenstand-Nachrichten) führt,  rechtzeitige ortsübliche öffentliche Bekanntmachung,
  • Unterrichtung des Ministeriums der Finanzen, Referat 36, i.Z.m. der Durchführung der Mitteilungspflichten der Standesämter nach § 34 Absatz 2 Nummer 1 ErbStG i.V.m. §§ 4 und 5 Absatz 1 ErbStDV,
  • Unterrichtung des Verlags für Standesamtswesen zur Aktualisierung des Ortsbuchs der Bundesrepublik Deutschland, 
  • abschließende Unterrichtung der unteren Fachaufsichtsbehörde über sämtliche erfolgten Maßnahmen und Unterrichtungen.

Resümierend ist festzustellen, dass eine Amtshilfe der Nachbarschaftsämter bei Trauungen und/oder Bestattungen möglich ist - jedoch nur mit Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung. Ein Entwurf einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung für eine mandatierende Aufgabenübertragung liegt uns vor und kann per E-Mail unter silke.kuehlewind@spam.stgb-brandenburg.de abgerufen werden.

Zum Ersatz der Notfallbestellung mittels öffentlich-rechtlicher Vereinbarung verweisen wir auf das Schreiben des Ministeriums des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg vom 28. Januar 2014 nebst Muster einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung, welche vom jeweils zuständigen Landkreis übermittelt wurden.

Silke Kühlewind, Referatsleiterin

Az: 102-00

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