Mitteilungen 05/2017, Seite 210, Nr. 81

Grundsatzentscheidung zur Parteifähigkeit von Eigenbetrieben

Der Bundesgerichtshof hat in einem Grundsatzbeschluss festgestellt, dass Eigenbetriebe im Zivilrechtsstreit nicht parteifähig sind.

Dem Beschluss vom 18. Oktober 2016 (KZB 46/15) liegt folgender Sachverhalt zu Grunde. Das Land Berlin hat über die Neuvergabe der Gaskonzessionen zu entscheiden. Dazu wurde im Jahr 2012 der Landesbetrieb Berlin Energie errichtet. Nach Abschluss des Verfahrens teilte der zuständige Finanzsenator am 3. Juni 2014 mit, dass der Eigenbetrieb den Zuschlag für das Gasnetz erhalten solle. Dagegen wurde von der bisherigen Betreiberin Klage erhoben. Darin wurde der Abschluss des Konzessionsvertrages mit der bisherigen Betreiberin und hilfsweise die Unterlassung des Abschlusses des Vertrags mit dem Eigenbetrieb gefordert.

Das Landgericht Berlin hat dem Unterlassungsantrag stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dagegen wendeten sich Klägerin und das beklagte Land. Der Eigenbetrieb erklärte im Berufungsverfahren seinen Streitbeitritt auf Seiten des Beklagten und verlangte Akteneinsicht. Die Klägerinnen verlangten die Nebenintervention zurückzuweisen. Die Nebenintervention wurde vom Berufungsgericht zurückgewiesen, woraufhin sich der Eigenbetrieb mit der Rechtsbeschwerde an den BGH wandte.

Aus den Gründen

Der BGH stellt zunächst fest, dass es auch möglich ist, dass ein nicht rechtsfähiges Gebilde eine beschränkte Parteifähigkeit haben kann. Dafür seien jedoch die Voraussetzungen, dass außer der Zuordnung eigener Rechte und Pflichten, die Handlungsfähigkeit und die Erkennbarkeit des fraglichen Gebildes als selbstständige Einheit nach außen durch eine hinreichende Identitätsausstattung. Weiterhin ist ein Haftungssubstrat im Hinblick auf die Prozesskostenhaftung notwendig.

Kommunale Eigenbetriebe würden diese Voraussetzungen nicht erfüllen und wären damit im Zivilprozess nicht parteifähig.

Der BGH stellte weiterhin fest, dass die Betrauung eines kommunalen Eigenbetriebs mit dem Netzbetrieb gegenüber der Konzessionierung eines Wettbewerbers keine Erschwerung oder Erleichterung bedeuten darf. Die fehlende Rechtsfähigkeit des Eigenbetriebes soll der Teilnahme am Konzessionierungsverfahren nach dem Sinn und Zweck des § 46 EnWG nicht entgegenstehen. Die entsprechende Anwendung der Vorschriften des § 46 EnWG auf Eigenbetriebe trage der, durch das in Art.28 II GG verbriefte kommunale Selbstverwaltungsrecht, Organisationshoheit der Gemeinden Rechnung. Daraus ergeben sich jedoch keine eigenen Rechte und Pflichten für die Eigenbetriebe. Die Pflichten des § 46 EnWG treffen allein die Gemeinde und ihr steht auch das alleinige Recht auf kommunale Selbstverwaltung zu.

Aus der Stellung als Vergabestelle und als Bieter dürfen einer Gemeinde keine Nachteile bei den Rechtsschutzmöglichkeiten entstehen. Dazu ist es erforderlich, dass die Vergabestelle organisatorisch und personell von dem als Bieter auftretenden Eigenbetrieb getrennt ist.

Einem Eigenbetrieb steht kein eigenes Klagerecht gegen eine Entscheidung der Gemeinde zur Vergabe an einen Wettbewerber zu, da der Eigenbetrieb Teil der Gemeinde ist.

Sofern die Gemeinde die Konzession an ihren Eigenbetrieb vergeben will und dies von einer dritten Partei gerichtlich angegriffen wird, besteht keine Notwendigkeit einer Parteifähigkeit des Eigenbetriebes, da die Interessen der Gemeinde und des Eigenbetriebes diesbezüglich gleich sind. Die Gemeinde ist nicht daran gehindert, sich zum Zwecke der Rechtsverteidigung des Sachverstandes des Eigenbetriebes zu bedienen. Dabei ist es allerdings erforderlich, Vorkehrungen bei der Rechtsverteidigung zu treffen, um in einem möglichen neuen Vergabeverfahren das Gebot der personellen und organisatorischen Trennung nicht zu verletzen.

Der Beschluss des Bundesgerichtshofes ist unter www.bundesgerichtshof.de in der Entscheidungsdatenbank mit dem Aktenzeichen KZB 46/15 abrufbar.

(Quelle: DStGB Aktuell 1417)                                 

Az: 800-01

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