Mitteilungen 08/2013, Seite 255, Nr. 133

Zwei Jahre Bundesfreiwilligendienst – Kommunale Spitzenverbände ziehen positive Bilanz

Nach fast zwei Jahren Bundesfreiwilligendienst ziehen die kommunalen Spitzenverbände eine positive Bilanz. Der Übergang vom Zivildienst zum Bundesfreiwilligendienst wurde, unter anderem mit Hilfe der sehr engagierten Kommunen, erfolgreich gemeistert. Der Dienst stößt bei allen Beteiligten auf großen Zuspruch und ist so erfolgreich, dass die vorhandenen Stellen bei weitem nicht ausreichen. Die allgemeine Kontingentierung und die damit immer wieder verbundenen temporären Einstellungsstopps stellen die kommunalen Verwaltungen, Träger und Einsatzstellen allerdings vor große Probleme. Das Kontingent bremst den weiteren Erfolg des Freiwilligendienstes als wichtiges zivilgesellschaftliches Instrument aus. Daher haben die kommunalen Spitzenverbände die Bundesregierung aufgefordert, die zum jetzigen Zeitpunkt vorherrschende Kontingentierung für die nächsten Jahre auszusetzen und eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung des Bundesfreiwilligendienstes bzw. der Jugendfreiwilligendienste vorzunehmen.

In einem gemeinsamen Positionspapier haben die kommunalen Spitzenverbände gegenüber den Bundestagsfraktionen, dem Haushaltsausschuss für Familien, Senioren, Frauen und Jugend und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Stellung bezogen zur Weiterentwicklung der Freiwilligendienste mit Schwerpunkt auf dem Bundesfreiwilligendienst.

Aus Sicht der Kommunen gibt es in einigen Bereichen Nachbesserungsbedarf, so sollte eine Entkopplung vom Bundesfreiwilligendienst und den Jugendfreiwilligendiensten geprüft werden, um damit beiden Formaten die Möglichkeit zu geben, sich zu eigenständigen Modellen mit jeweils unterschiedlichen Zielgruppen und Schwerpunkten entwickeln zu können.
Die kommunalen Spitzenverbände sehen auch bei den anderen Freiwilligendienstformaten Weiterentwicklungsbedarf. So sprechen sie sich z. B. für eine Verstetigung des Modells der Freiwilligendienste aller Generationen aus und begrüßen den vorgesehenen Ausbau der Incoming-Freiwilligen.

Aufhebung der Kontingentierung und bedarfsgerechte Anpassung

Mit der Aussetzung der Wehrpflicht und somit auch der Pflicht zur Leistung des Wehrersatzdienstes entstanden große personelle Lücken in den bisherigen Einsatzbereichen von Zivildienstleistenden. Im zivilgesellschaftlichen Interesse haben die Kommunen in den letzten zwei Jahren engagiert für den Bundesfreiwilligendienst geworben und sich für einen erfolgreichen Start eingesetzt. Die abgeschlossenen Vereinbarungen und die große Zahl der neu anerkannten Einsatzstellen belegen eindrucksvoll, dass der Dienst auf großen Zuspruch stößt und vor Ort in den Städten, Gemeinden und Landkreisen angekommen ist und angenommen wird. Die Nachfrage nach Einsatzmöglichkeiten ist deutlich höher als die durch die Kontingentierung begrenzt zur Verfügung gestellten Plätzen. Bei einer Besetzung aller zurzeit benötigten Stellen könnte sich die Anzahl der Freiwilligendienstleistenden voraussichtlich verdoppeln.
Durch die Bundesfreiwilligendienstleistenden konnten personelle Engpässe zumindest ansatzweise kompensiert werden, allerdings führt die anhaltende Kontingentierung dazu, dass die kommunalen Träger und Einsatzstellen auf der einen Seite keine Planungssicherheit mehr haben, da nicht alle vorhandenen Plätze automatisch besetzt werden können. Kritisch wird es, wenn Freiwillige z.B. aufgrund eines Angebots für einen Studienplatz oder eine Festanstellung, kurzfristig zurücktreten oder abbrechen. Das derzeitige Verfahren lässt es nicht zu, dass diese Plätze direkt wieder neu besetzt werden, sondern der frei gewordene Platz fällt zurück in das allgemeine bundesweite Kontingent und die Einsatzstellen und der Träger unterliegen wieder der Kontingentierung mit dem „Windhundprinzip“. Auch Verlängerungen von gut eingearbeiteten und engagierten Bundesfreiwilligendienstleistenden sind vor diesem Hintergrund so gut wie ausgeschlossen. Auf der anderen Seite wird den Freiwilligen die Flexibilität genommen, sich bei der persönlichen Lebensplanung oder in beruflichen Umbruchsituationen entsprechend kurzfristig orientieren zu können. Zudem müssen viele Interessierte abgewiesen werden, obwohl deren Unterstützung dringend benötigt wird. Die Problematik wird durch die diesjährigen doppelten Abiturjahrgänge in Nordrhein-Westfalen und Hessen und die dadurch höhere Zahl an Schulabgängern zusätzlich verstärkt. Dies wirkt sich nicht nur kontraproduktiv auf die Motivation der zukünftigen Freiwilligen und der Einsatzstelle aus, sondern widerspricht eindeutig der von der Politik mit Recht geforderten Stärkung bürgerschaftlichen Engagements.

Die kommunalen Spitzenverbände sehen somit in der Kontingentierung zum einen die Gefahr, dass etliche sozial- und gesellschaftspolitisch wichtige Aufgaben zukünftig nicht mehr erfüllt werden können und dass aufgrund der angespannten Haushaltslage vielerorts auch keine personellen Ersatzlösungen umgesetzt werden können. Zum anderen kann die Kontingentierung langfristig betrachtet nicht nur zu einem Imageverlust des Bundesfreiwilligendienstes, sondern auch der kommunalen Einrichtungen und der Politik generell führen.

Zentralstellenfunktion des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Angelegenheiten

Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Angelegenheiten (BAFzA) ist mit einem Kontingent von 15.000 Plätzen die größte Zentralstelle und nahezu flächendeckend die zuständige Zentralstelle für die Kommunen. Die Übertragung der Durchführung des Bundesfreiwilligendienstes auf das BAFzA hat sich in den Augen der kommunalen Spitzenverbände bewährt.

Vor dem Hintergrund, dass der Wehrdienst formal nur ausgesetzt worden ist und die Rückkehr zu den alten Strukturen mit einem Wehrersatzdienst zumindest theoretisch möglich wäre, sehen die kommunalen Spitzenverbände die momentane Abwicklung des Bundesfreiwilligendienstes im Zuständigkeitsbereich des Bundes. Die Forderung von mehreren Sozialverbänden, die Kompetenzen im Bundesfreiwilligendienst auf die Länder zu übertragen, lehnen die kommunalen Spitzenverbände aus den oben genannten Gründen ab. Gleichwohl unterstützen die kommunalen Spitzenverbände die Forderung nach einem bedarfsgerechten Ausbau der Jugendfreiwilligendienste mit einer ausreichenden finanziellen Ausstattung.

Entkoppelung von Bundesfreiwilligendienst und den Jugendfreiwilligendiensten

Die kommunalen Spitzenverbände sind der Auffassung, dass eine Koppelung des Bundesfreiwilligendiensts an die Jugendfreiwilligendienste nicht länger sinnvoll erscheint. Sie sprechen sich jedoch gegen eine von verschiedenen Sozialverbänden geforderte Zusammenlegung der beiden Dienste aus. Mehrere Punkte sprechen dagegen. So werden zum Beispiel unterschiedliche Zielvorstellungen verfolgt. Die Jugendfreiwilligendienste haben ihren Schwerpunkt auf den Jugendlichen im sozialen und ökologischen Bereich, während der Bundesfreiwilligendienst als altersübergreifendes Modell mit einer Öffnung für alle Einsatzbereiche und einer Teilzeitmöglichkeit konzipiert ist.

Ferner ist die Finanzierungskompetenz beim Bundesfreiwilligendienst vollständig beim Bund angesiedelt, wo hingegen sie bei den Jugendfreiwilligendiensten bei den Ländern und beim Bund liegt. Der Bund hat aufgrund der verfassungsrechtlichen Ordnung keine Möglichkeit, die Formate FSJ und FÖJ auszuweiten, da auch die Verwaltungskompetenz bei den Ländern liegt. Die Eigenständigkeit des Bundesfreiwilligendienstes sollte auch mit Blick auf den formal nur ausgesetzten Wehrdienst gewahrt bleiben. Die kommunalen Spitzenverbände fordern, die als eigenständig angesehenen Formate auch so zu behandeln, damit beiden Formaten mehr Freiraum gegeben wird, um sich besser weiterentwickeln und entfalten zu können.

Pädagogische Begleitung

Neben dem bedarfsgerechten Ausbau des Bundesfreiwilligendienstes und der Jugendfreiwilligendienste ist es unabdingbar, dass in naher Zukunft für den Bundesfreiwilligendienst ein Konzept zur pädagogischen Begleitung entwickelt wird. In diesem Bereich kann auf die langjährige Erfahrung in den Jugendfreiwilligendiensten zurückgegriffen werden. Um den unterschiedlichen Ansprüchen der beiden großen Gruppen „unter 27-Jährige“ und „über 27-Jährige“ gerecht zu werden, ist z.B. ein modular gestaltetes „Bildungspaket“ denkbar, welches es ermöglicht, dass die Teilnehmenden sich ein für sie passendes Paket zusammenzustellen bzw. absolvieren.

Einer der Grundgedanken und somit wichtiger Aspekt der Jugendfreiwilligendienste und des Bundesfreiwilligendienstes ist die Konzipierung dieser Dienste als Lerndienste und somit als Bildungs- und Orientierungszeit. Dies wird auch in der Voraussetzung der Arbeitsmarktneutralität bekräftigt. In manchen Diskussionen und daraus resultierenden Neuerungen, z.B. die Kürzung des Fahrtkostenzuschusses im Bundesfreiwilligendienst, scheint dieser Aspekt aber immer wieder aus dem Fokus zu verschwinden. Eine Mittelkürzung in der Etablierungsphase des Bundesfreiwilligendienst und der Findungsphase bei der Ausgestaltung der pädagogischen Begleitung, wird zu Lasten der Qualität der pädagogischen Begleitung gehen und wird von den kommunalen Spitzenverbänden kritisch betrachtet.

Weiterentwicklung und Stärkung weiterer Freiwilligendienste

Der vorgesehene Ausbau der Incoming-Freiwilligen durch das BMFSFJ in diesem Jahr, losgelöst von der allgemeinen Kontingentierung und mit einer eigener Zentralstelle, bestärkt die eigenständige Betrachtung und Stellung der einzelnen Freiwilligenformate und wird von den kommunalen Spitzenverbänden begrüßt.

Weiterhin unterstützen die kommunalen Spitzenverbände das Vorhaben, das Modell des Freiwilligendienstes aller Generationen zu verstetigen. Bei der Verstetigung sind zwei Varianten denkbar: Zum einen könnte der Freiwilligendienst aller Generationen als eigenständiges Format mit eigenen gesetzlichen Regelungen ausgestattet werden. Zum anderen erscheint denkbar, dass der Freiwilligendienst aller Generationen als Bestandteil in das bestehende Bundesfreiwilligendienstgesetz integriert wird. Die kommunalen Spitzenverbände weisen darauf hin, dass für den Freiwilligendienst aller Generationen in jedem Fall gesonderte Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden und dieses Format nicht zu Lasten der finanziellen Mittel für den Bundesfreiwilligendienst gehen darf.

Abschließendes Resümee

Abschließend kommen die kommunalen Spitzenverbände zu der Meinung, dass ein Freiwilligendienst, der innerhalb kürzester Zeit auf eine derartige große Akzeptanz in der Gesellschaft stößt, gestärkt und gefördert werden muss. Freiwilliges Engagement sollte belohnt werden.
Dies setzt angemessene und bedarfsgerechte Finanzmittel voraus. Die kommunalen Spitzenverbände sind der Ansicht, dass es in der heutigen Zeit mit einer anhaltenden Finanzkrise und einem zunehmenden Mangel an Pflege- und Betreuungspersonal unverantwortlich und gesellschaftlich auch nicht vermittelbar ist, das Potential von engagierten Menschen und verfügbarer Infrastruktur nicht zu nutzen. Die kommunalen Spitzenverbände fordern daher, dass der von allen Bundestagsfraktionen immer wieder eingeforderten Stärkung des freiwilligen zivilgesellschaftlichen Engagements und einer „Kultur der Freiwilligkeit“ auch Taten folgen müssen.

Die Pressemitteilung und das Positionspapier kann unter http://www.dstgb.de/dstgb/Schwerpunkte/ von der Homepage des Deutschen Städte- und Gemeindebundes heruntergeladen werden.

(Quelle: DStGB Aktuell 2613)

Az: 114-04

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