Mitteilungen 01/2016, Seite 45, Nr. 26

Erste Stellungnahme zur Änderung des Brandenburgischen Musik- und Kunstschulgesetzes vom 2. November 2015

„An den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landtages Brandenburg

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

wir bedanken uns für die Gelegenheit zur Stellungnahme und lassen Ihnen gern unsere Einschätzung zum oben genannten Gesetzentwurf zukommen.

1.) Erhöhung der Landesförderung um 2,1 Mio. €

Zunächst sprechen wir uns dafür aus, den Landtagsbeschluss vom 18. März 2015 zur Erhöhung der Landesmittel für die Musik- und Kunstschulen um 2,1 Mio. € im Rahmen der Novellierung umzusetzen. Der Referentenentwurf des Kulturministeriums vom 13. August 2015 sah eine entsprechende Änderung der Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 1 BbgMKSchulG-E explizit vor. Uns ist nicht bekannt, aus welchen Gründen die Landesregierung von dieser Regelung Abstand genommen hat.

Denn die Regelung war in der Stellungnahme unseres Verbandes vom 3. September 2015 begrüßt worden, da sie eine langjährige Forderung umsetzt. So kam das Präsidium unseres Verbandes bereits mit Beschluss vom 6. Juni 2011 zu dem Ergebnis, dass sich das Brandenburgische Musikschulgesetz vom 19. Dezember 2000 insoweit nicht bewährt hat, als dass ein drastischer Einbruch der Landes-förderung von ehemals 15 Prozent auf ca. 9,5 Prozent am Gesamtetat der Musikschulen eingetreten ist. Das Präsidium forderte die Landesregierung auf, die Landeszuschüsse auf einen Betrag von mindestens 5,2 Mio. € anzuheben.

Im Zeitraum von 2000 bis 2015 sind die Schülerzahlen in den Musikschulen landesweit um 40 Prozent und die Personalkosten um 50 Prozent gestiegen. Die damit verbundenen Mehrkosten tru-gen ausschließlich Kommunen und Eltern. Wir begrüßen daher, dass der politische Druck durch zwei Volksinitiativen des Verbandes der Musik- und Kunstschulen Brandenburg e.V. in den Jahren 2009 und 2014 letztlich in Form der Erhöhung der Landesförderung Früchte getragen hat.
Wir halten es jedoch für angezeigt, die Anpassung auf das Jahr 2016 vorzuziehen. Insofern nehmen wir Bezug auf die Stellungnahme unseres Verbandes gegenüber dem Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landtages Brandenburg vom 22. Mai 2015.

2.) Differenzierte Betrachtung des EU-Beihilferechts

Demgegenüber äußerst kritisch betrachten wir die Änderungsvorhaben vor dem Hintergrund des EU-Beihilferechts. Die Annahme, dass sowohl die Landesförderung als auch die kommunalen Finanzaufwendungen zugunsten der Musik- und Kunstschulen Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind, ist nicht tragfähig.

Der Entwurf lässt eine differenzierte Befassung mit den tatbestandlichen Voraussetzungen des Beihilfebegriffs des Art. 107 Abs. 1 AEUV vermissen. So ist insbesondere nicht dargetan, ob kommunale Musik- und Kunstschulen den Unternehmensbegriff erfüllen, sie eine Wirtschaftstätigkeit aus-üben und ihre Arbeit Auswirkungen auf den Handel zwischen den EU-Mitgliedsstaaten hat. Insbesondere Erwägungsgrund (72) der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 wird nicht hinreichend gewürdigt.

Darin geht die EU-Kommission davon aus, dass im Bereich der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes einige Maßnahmen der Mitgliedsstaaten möglicherweise keine staatlichen Beihilfen darstellen, da sie nicht alle Tatbestandsmerkmale des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erfüllen, beispielsweise weil keine Wirtschaftstätigkeit vorliegt oder weil keine Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedsstaaten bestehen. Soweit solche Maßnahmen jedoch unter Artikel 107 Absatz 1 AEUV fallen, kommt es bei kulturellen Einrichtungen und Vorhaben in der Regel nicht zu erheblichen Wettbewerbsverfälschungen und die Beschlusspraxis hat gezeigt, dass solche Beihilfen nur begrenzte Auswirkungen auf den Handel haben – so die EU-Kommission weiter.

Überdies fehlt dem Entwurf eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Förderung der Musik- und Kunstschulen als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) im Sinne Art. 106 Abs. 2 AEUV anzusehen und folglich von einer Notifizierungspflicht freigestellt ist. Als DAWI wertet die EU-Kommission insbesondere Kulturangebote als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge, sofern sie ohne staatliche Unterstützung nicht im gewünschten Ausmaß am Markt bereitgestellt werden können bzw. nicht für alle Bevölkerungsschichten zugänglich sind.
Ferner sollte innerhalb des Kabinetts ein einheitlicher Umgang mit den beihilferechtlichen Würdigungen und Konsequenzen für das staatliche Handeln diskutiert und sichergestellt werden. Wir verweisen insoweit insbesondere darauf, dass die Musik- und Kunstschulen nicht nur Kultur-, sondern Bildungseinrichtungen sind. In dem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie die Landesregierung mit der beihilferechtlichen Bewertung der landeseitigen Förderung von Schulen in freier Trägerschaft umzugehen gedenkt.

Überdies halten wir die Reduzierung der Landesförderung (§§ 1 Abs. 3, 6 Abs. 3-5 BbgMKSchulG-E) als beihilferechtliche Konsequenz für untauglich. Diese Regelung würde dem politisch bekundeten Willen des Landesgesetzgebers, die Musik- und Kunstschulen künftig stärker finanziell fördern zu wollen, zuwiderlaufen – und zwar ohne Not und ohne jegliche Abwägung alternativer beihilfe-rechtlicher Sicherungsstrategien. Die beihilferechtlichen Erwägungen sind aus unserer Sicht juristisch und politisch nicht zu vertreten.

Im Ergebnis schlagen wir Ihnen daher vor, die im Entwurf enthaltenen Regelungen zu streichen, die Bezug auf das EU-Beihilferecht nehmen.

3.) Angemessene Finanzbeteiligung der Gemeinden oder Gemeindeverbände

Kritisch sehen wir zudem die Änderung bezüglich der angemessenen Finanzierungsbeteiligung der Gemeinden und Gemeindeverbände. Hier soll offenbar ein rechtssystematischer Funktionswechsel der Regelung in § 9 Abs. 1 BbgMKSchulG-E stattfinden. Während die angemessene Beteiligung derzeit als abstrakt-generelle Fördervoraussetzung formuliert ist, soll nunmehr ein konkreter Bezug zu dem das Förderjahr vorausgehenden Kalenderjahr formuliert werden. Dies würde eine restriktivere Verwaltungspraxis des Landes gegenüber den Gemeinden eröffnen. Wir halten dies im Bereich der Musikschulförderung als Teil der kommunalen Selbstverwaltung für verfassungswidrig und an-gesichts der marginalen Landesförderung für unverhältnismäßig. Eine alljährliche Prüfung der Landesregierung würde zudem zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand führen, der sich nicht mit dem Ziel der Landesregierung vereinbaren lässt, Verwaltungspersonal einzusparen.

Wir empfehlen dem Landtag daher, von der Verschärfung der Regelung auch im Interesse einer schlanken und effizienten Landesverwaltung Abstand zu nehmen.

4.) Sonstiges

Positiv werten wir indes die Lockerung bezüglich der Voraussetzungen für die Anerkennung als staatliche Musikschule. Im Zuge der letzten Novelle des Gesetzes im Jahre 2014 war als Anerkennungsvoraussetzung eingeführt worden, dass die Musikschule unter Leitung einer fest angestellten Person steht, die über einen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss im Fachbereich Musik oder Musikpädagogik verfügt (§ 3 Abs. 2 Ziffer 7 BbgMKSchulG). Da einige Musikschulen dies nicht erfüllen, schafft der Entwurf eine Ausnahmeregelung. Danach kann die Anerkennungsbehörde vom Nachweis eines berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses absehen, wenn die Musikschule unter der Leitung einer fest angestellten Person steht, die die Musikschule zum Stichtag 1. Januar 2015 bereits zehn Jahre kontinuierlich und ordnungsgemäß geleitet hat, und die Musikschule in diesem Zeitraum über die Berechtigung zum Führen der Bezeichnung „Anerkannte Musikschule im Land Brandenburg“ geführt hat (§ 4 Abs. 2 Satz 2 BbgMKSchulG-E).

Konsequent wäre unseres Erachtens jedoch eine Abschaffung der im Jahre 2014 umfassend erhöhten Standards für die Anerkennung. Der jetzige Änderungsvorschlag belegt die unsererseits mit Stellungnahme vom 12. November 2013 (Mitt. 07/2014, S. 290ff) gegenüber dem Landtag vertretene Position, dass gesetzlich normierte Standards keine Voraussetzung für die hoch qualifizierte Bildungsarbeit der Einrichtungen sind.

Der Entwurf sieht weiterhin die Schaffung einer jährlichen Ausschlussfrist für die Landesförderung vor. Danach müssen Musik – und/oder Kunstschulen ihren Antrag auf staatliche Anerkennung als Musik- und/oder Kunstschule bis zum 31. Dezember eines Jahres vollständig beim Kulturministerium eingereicht haben, um im darauf folgenden Kalenderjahr Landesförderung erhalten zu können (§ 6 Abs. 4 BbgMKSchulG-E). Dadurch soll vermieden werden, dass die Erteilung von abschließenden Bewilligungsbescheiden im Förderjahr durch laufende Anerkennungsverfahren unangemessen verzögert wird. Wir halten diese Regelung in Abwägung aller Interessen für angemessen.

Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung

Gordes“

Bianka Petereit, Referatsleiterin

Az: 304-05 

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