Pressemitteilung vom 20.04.2005

Minister zu Gast beim Städte- und Gemeindebund – Debatte über Zentrale Orte und Schulstrukturreform


(Potsdam) Gäste der Sitzung des Präsidiums des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg waren der Minister für Infrastruktur und Raumordnung Frank Szymanski und Bildungsminister Holger Rupprecht.
Anfang März hatten Ministerpräsident Platzeck und Minister Szymanski der Öffentlichkeit den Entwurf zur Neuordnung des so genannten Zentralen-Orte-Systems (LEP-ZOS) vorgestellt und einen breiten gesellschaftlichen Diskussionsprozess angekündigt.
Der Städte- und Gemeindebund hatte, so Präsident Werner Große, bereits seit längerem auf die Folgen des demografischen Wandels und eine Straffung des Systems der zentralörtlichen Gliederung hingewiesen, so mit den „Baupolitischen Forderungen“ an die Landespolitik Mitte vorigen Jahres. Der Demografische Wandel und die daraus abzuleitenden Konsequenzen für die Landes- und Kommunalentwicklung sowie die Lebensverhältnisse seien der Bevölkerung in aller Deutlichkeit in einem „Demografie-Dialog“ zu vermitteln.
Mit dem nun vorgelegten Entwurf, den der Städte- und Gemeindebund grundsätzlich begrüße, so Geschäftsführer Karl-Ludwig Böttcher, seien jedoch eine Reihe von Fragen offen geblieben, zu deren weiterer Klärung die Diskussion mit Minister Szymanski durchaus beigetragen habe. Dieser erläuterte die erforderliche Konzentration, die vor dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung und Abwanderung, vor allem in den äußeren Regionen, unumgänglich sei. Dem stimmten die Mitglieder des Präsidiums grundsätzlich zu, verlangten aber mehr Transparenz bei der noch nicht abgeschlossenen Kriteriendebatte. „Mir ist nicht klar, warum ein Reihe von Städten, so auch kleine Kreisstädte, zentralörtliche Funktionen, und vor allem welche, zugewiesen bekommen sollen und andere, weitaus größere, nicht“, kritisierte der Spremberger Bürgermeister Dr. Klaus-Peter Schulze. Klaus Petry, Vizepräsident des kommunalen Spitzenverbandes und Bürgermeister von Wittenberge, betonte, das Land dürfe die demografische Entwicklung nicht zu einseitigen Umverteilungen aus den Randregionen „in die Mitte“ missbrauchen. Verringerungen der Lebensqualitäten bedeuteten auch weitere Abwanderungen.
Minister Szymanski verwies darauf, dass die bisherige Vielzahl von Orten mit zentralen, d.h. Umlandfunktionen, die Entwicklung nicht verhindern konnte und man jetzt Konzentrationswirkungen erreichen müsse. Die Fachpolitiken der Landesregierung seien jetzt gefordert, ihrerseits zu sagen, welche Handlungsfelder in ihren Zuständigkeiten der Änderung bedürfen.
„Das Präsidium erwartet von der Landesregierung nun umgehend, wo und wie sie sich zukünftig die Aufgabenerledigung für die Bürgerinnen und Bürger vorstellt“, fasste Präsident Werner Große zusammen.

Mit Bildungsminister Holger Rupprecht diskutierte das Präsidium die Umsetzung der Schulstrukturreform mit der Einführung der Oberschule.
Rupprecht: „Nach unseren bisherigen Erkenntnissen wird die Oberschule besser angenommen, als viele Kritiker orakelten.“ Die Menschen hätten weitgehend verstanden, dass die Bevölkerungs- und vor allem Schülerzahlenentwicklung auch eine Straffung des Schulsystems erforderlich machten.
Durch den weiteren Ausbau von Ganztagsangeboten solle Bildung und Betreuung qualitativ vorangebracht werden. Monika Gordes, stellvertretende Geschäftsführerin des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, merkte kritisch an, dass sich der Städtebund und andere gesellschaftliche Organisationen schon vor fünf Jahren für eine Straffung der Schulgliederung ausgesprochen haben und die jetzige Änderung für viele Schulschließungen zu spät käme. Auch dürfe das Land nicht immer neue Erwartungshaltungen wecken, mit denen im Endeffekt die Kommunen allein gelassen würden, ergänzte Amtsdirektor Bernd Brandenburg mit Blick auf die Situation im Landkreis Uckermark. Dort böte der Landkreis den Städten und Gemeinden bei der Ganztagsbetreuung keine finanzielle Unterstützung im Gegensatz zu anderen Landkreisen.
Bürgermeister Rauhut kritisierte die mangelnden Mitentscheidungsrechte der kommunalen Schulträger, die das Ganze letztlich zu finanzieren hätten.
Der Städte- und Gemeindebund, so Geschäftsführer Karl-Ludwig Böttcher, sähe mit Sorge, dass der Landtag beabsichtige, die öffentlichen Schulen schlechter zu stellen, als so genannte Ersatzschulen in privater Trägerschaft. Die Kritik beziehe sich darauf, dass öffentliche Schulen generell zweizügig, Privatschulen jedoch auch einzügig und mit weniger Schülern je Klasse gefahren werden könnten. Insbesondere im ländlichen Raum müssten auch öffentliche Schulen im Bedarfsfall einzügig betrieben werden können, fordert der Städte- und Gemeindebund.
Auch Minister Rupprecht sieht durchaus die Gefahr der Übernahme der schulischen Grundversorgung an einzelnen Standorten durch private Schulen. Oberbürgermeister Jann Jakobs forderte eine grundsätzliche Verbesserung der Bedingungen für öffentliche Schulen.

Abschließendes Thema des Gesprächs mit Minister Rupprecht war die Verbesserung der Bildungsangebote in der Kinderbetreuung. Die Notwendigkeit sähen die Kommunen durchaus, so das Präsidium. Wenn sich das Land aber immer weiter aus der Mitfinanzierung zurückziehe, könnten die Kommunen das Erforderliche allein nicht leisten, lautete die deutliche Ansage an die Landespolitik.
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