Mitteilungen 10-11/2010, Seite 268, Nr. 151

29. Sitzung des Ausschusses für Bildung, Jugend, Kultur und Sport in Potsdam 

Am 1. November 2010 tagte der Ausschuss für Bildung, Jugend, Kultur und Sport des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg in der Verbandsgeschäftsstelle und befasste sich mit folgenden Themen:

1. Entwicklung im Bereich der Musikschulen

Schwerpunkt der Sitzung war die Diskussion mit Vertretern des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg über die Situation der Musikschulen, die gegenwärtig stattfindende Evaluation sowie mögliche Entwicklungsszenarien der Musikschulförderung.

Die politische Debatte wurde unter anderem durch die im Juni 2009 gestartete Volksinitiative „Musische Bildung für alle“ des Landesverbandes der Musikschulen Brandenburg e.V. (LvdM) forciert. Ziel der Volksinitiative war die Änderung des Musikschulgesetzes zur Umsetzung folgender Forderungen: verbesserte und (kostenfreie) Talenteförderung und Ensemblespiel, dauerhafte Installierung des Programms zum Musizieren an Grundschulen „Klasse! Musik!“, mehr Festanstellungen an Musikschulen (40 % der Unterrichtsstunden durch festangestellte Lehrkräfte sowie eine Erhöhung des Landesanteils am Gesamtetat für Musikschulen von 9,5 Prozent auf die ursprünglichen 15 Prozent; ergo eine Verdopplung der Landeszuschüsse auf 5,2 Mio. € jährlich. Der LvdM wies zutreffend auf Kostensteigerungen zulasten der Kommunen um 13 Prozent sowie der Eltern um 34 Prozent hin. (vgl. mitteilungen 11-12/2009, S. 322 ff)

Die Initiatoren konnten dem Landtag am 11. November 2009 ca. 32.200 Unterschriften übergeben. Am 13. Januar 2010 fand die Anhörung der Vertreter der Volksinitiative vor dem Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landtages Brandenburg statt. Im Ergebnis lehnte der Landtag die Volksinitiative unter Verweis auf inhaltliche Bedenken und die prekäre Haushaltssituation des Landes in der Sitzung vom 25. Februar 2010 ab. In der Koalitionsvereinbarung für die 5. Legislaturperiode zwischen SPD und DIE LINKE wurde hinsichtlich der Musikschulen lediglich festgehalten, dass Musikschulen auch weiterhin gefördert würden (Zeile 561). 

Zugleich nahm der Landtag am 25. Februar 2010 einen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen an (LT.-Drs. 5/448). Der Landtag beauftragte die Landesregierung, die Situation der Musikschulen bis Ende 2010 zu evaluieren und hierbei insbesondere die aktuelle Struktur der Finanzierung der Musikschulen, die qualitativen und quantitativen Angebote, einschließlich der Leistungen und Ergebnisse der Arbeit der Musikschulen, sowie die Situation der hauptamtlich beschäftigten und auf Honorarbasis tätigen Lehrkräfte zu untersuchen und zu bewerten. Auf der Grundlage der Evaluation sei das Musikschulgesetz zu novellieren. Mit der Novellierung solle die gesetzliche Aufgabe der Musikschulen, „eine musikalische Bildung zu vermitteln, Begabungen zu erkennen und zu fördern sowie auf ein mögliches Studium der Musik vorzubereiten“, konkretisiert und so ausgeweitet werden. Eine zusätzliche Landesförderung solle vor allem der Förderung von sozial benachteiligten Kindern sowie der Talentförderung dienen.

Das aufgelegte Förderprogramm „Musische Bildung für alle“ ist mit 1,3 Mio. Euro jährlich dotiert. Die Mittel stehen für Maßnahmen ab August 2010 für musische Bildungsprogramme und -initiativen in Kindertageseinrichtungen, Grund- und Förderschulen in Kooperation mit den förderfähigen Musikschulen zur Verfügung.

Die Evaluation der Musikschulen war in der zurückliegenden Legislaturperiode durch die damalige Ministerin Prof. Dr. Wanka (CDU) eingeleitet worden. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur betraute im Mai 2009 die Steinbeis Hochschule Berlin mit der Evaluation. Die Erhebung unter den öffentlichen Musikschulen ist mit dem Städte- und Gemeindebund Brandenburg abgestimmt worden. Das Ministerium hatte zugesagt, die Erhebungsergebnisse frühzeitig zur Verfügung zu stellen und daraus resultierende Entwicklungsperspektiven vor einer breiten öffentlichen Diskussion und politischen Vorstößen der Landesregierung in den Gremien des Städte- und Gemeindebundes zu diskutieren und zu bewerten. Ergänzend führte das Ministerium eine webbasierte Umfrage zur privaten Musikschullandschaft in Brandenburg unter www.musikunterricht-brandenburg.de durch.
 
Der Ausschuss begrüßt die umfassende Evaluation und betont das Interesse an Ergebnisoffenheit. Interesse artikuliert der Ausschuss auch an einem Vergleich der Musikschulförderung aller Bundesländer, der Gegenstand der Evaluation sein wird. Beispielhaft wurde die Musikschulförderung von drei Bundesländern diskutiert. So beläuft sich die Musikschulförderung des Landes Sachsen-Anhalt auf ca. 3,1 Mio. € für insgesamt 21 öffentliche Musikschulen. Das Land Baden-Württemberg fördere 236 Musikschulen mit einem Betrag von 16,9 Mio. €. Das Land Nordrhein-Westfalen fördere 194 Musikschulen mit ca. 18 Mio. €, darunter 2,9 Mio. € regulärer Landesförderung sowie 15 Mio. € für das Programm „Jedem Kind ein Instrument“, das ca. 60.000 Grundschülern in derzeit 641 Grundschulen die Möglichkeit gebe, eines von 16 Instrumenten zu erlernen. Der Unterricht sei im ersten Jahr für die Schüler kostenlos, im zweiten Schuljahr beliefen sich die Entgelte auf ca. 20 €. Die Übergangsquote betrage 60 Prozent. Die reguläre Landesförderung in Brandenburg beträgt derzeit insgesamt 2,6 Mio € für 28 Musikschulen, wobei ein Betrag von 727.705 € auf die neun städtischen Musikschulen (kreisfreie Städte sowie Rathenow, Hennigsdorf, Guben, Ludwigsfelde, Schwedt (Oder)), ein Betrag von 1.649.440 € auf die Kreismusikschulen sowie ein Betrag von 222.863 € auf fünf private Musikschulen entfielen.

Der Ausschuss betont, dass sich das Brandenburgische Musikschulgesetz vom 19. Dezember 2000 insoweit nicht bewährt habe, als dass ein drastischer Einbruch der Landesförderung von ursprünglich 15 Prozent am Gesamtetat der Musikschulen auf 9,5 Prozent seit dem Jahre 2003 nicht verhindert wurde. Der Rückzug der Landesregierung aus der Finanzverantwortung der Musikschulen habe zu einer spürbaren Gefährdung fachlicher Standards im Bereich der musischen Bildung geführt, die seitens der Träger der Musikschulen und der Eltern erwartungsgemäß nur bedingt aufgefangen werden konnte. Die Städte sind nicht in der Lage, noch mehr finanzielle Mittel für die Musikschulen aufzubringen. Der Ausschuss fordert die Landesregierung auf, die Landeszuschüsse auf das Ausgangsniveau bei Verabschiedung des Musikschulgesetzes zurückzuführen.

Die Landespolitik wird unter Hinweis auf die Organisations-, Finanz- und Personalhoheit der Träger der Musikschulen aufgefordert, Erweiterungen fachlicher Standards im Brandenburgischen Musikschulgesetz zu unterlassen. Die Koalitionäre agierten mit einem Schnellschuss, soweit laut deren Entschließungsantrag das Gesetz zu novellieren sei sowie die Aufgaben der Musikschulen zu konkretisieren und zu erweitern seien.

Der Ausschuss unterstützt einen Leistungsvergleich zwischen öffentlichen und privaten Musikschulen und skizzierte die unterschiedlichen Aufgabenfelder. Die privaten Schulen widmeten sich den kostenintensiven Bereichen (u.a. Ensemblespiel) nicht und verfügten kaum über hauptamtliche Kräfte. Auch bestätigten Erfahrungen vor Ort, dass die Gewinnorientierung privater Musikschulen deren Qualität beeinträchtige. Der Ausschuss spricht sich deshalb dafür aus, dass private Träger nur in den Bereichen gefördert werden sollten, in denen die öffentlichen Träger keine Leistungen vorhielten (Subsidiarität). Zu berücksichtigen seien auch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen in Städten und ländlichen Regionen. So gestalte sich die Gewinnung von qualifizierten Honorarkräften in der Fläche schwierig. Der Ausschuss hält ein Minimum an Festanstellungen von qualifizierten Lehrkräften in den Musikschulen für erforderlich.

Der Ausschuss begrüßt das Ziel der Musikschulen, Kindern aus einkommensschwachen Familien den Zugang zur musischen Bildung zu erleichtern. Eine ausschließliche Fokussierung auf sozial Benachteiligte berge jedoch die Gefahr, dass Kinder aus einkommensstärkeren und/oder bildungsnäheren Elternhäusern noch mehr zu privaten Anbietern abwanderten. Ziel sei eine ausgewogene Sozialstruktur in den öffentlichen Schulen.

Angeregt wird eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur zur Förderung der musisch-kulturellen Bildung. Die Zusammenarbeit von Schulen und Musikschulen und finanzielles Engagement des Bildungsministeriums seien erforderlich. 

2.  Ausbau von Ganztagsschulen

Der Ausschuss befasste sich weiterhin mit einem Referentenentwurf zur Änderung der Verwaltungsvorschriften Ganztag. Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport beabsichtigt eine Änderung zum 1. Januar 2011.

Die Koalitionäre von SPD und DIE LINKE hatten im Koalitionsvertrag folgendes vereinbart: „Der Ausbau von Ganztagsschulen wird fortgesetzt. Der Schwerpunkt wird auf die qualitative Verbesserung der Ganztagsangebote gelegt. Es wird eine Evaluation der bisherigen Ganztagsschulen geben.“

Eine Evaluation der Situation der Ganztagsschulen ist gleichwohl nicht erfolgt. Im Februar 2010 hatte sich das Ministerium zwar an die Jugendämter der Landkreise und kreisfreien Städte gewandt und „zur Entwicklung eines Evaluationsdesigns“ um deren Einschätzung zur Entwicklung der Ganztagsangebote gebeten. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind jedoch weder eine Auswertung der Rückmeldungen der Jugendämter noch ein Konzept für die Evaluation oder gar Ergebnisse vorgelegt worden. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hält dies jedoch vor einer Änderung der Verwaltungsvorschriften Ganztag für erforderlich.

Der Entwurf weist eine Fülle an inhaltlichen Änderungen auf, die fachliche Standards normieren. Gleichwohl ist eine Verbesserung der Personalausstattung der Schulen nicht vorgesehen. Insoweit erneuert der Städte- und Gemeindebund Brandenburg die Forderung, die Kürzung der Lehrerwochenstunden für Ganztagsschulen zurückzunehmen und die Verwaltungsvorschriften Unterrichtsorganisation entsprechend zu ändern. Dies ist eine zwingende Voraussetzung für die vereinbarte qualitative Verbesserung. Überdies ist ein stärkeres finanzielles Engagement erforderlich, um auch den quantitativen Ausbau fortzusetzen. Zum Schuljahr 2010/2011 sind aus Haushaltsgründen erneut Anträge auf Einrichtung von Ganztagsschulen (an Gymnasien) abgelehnt worden.

Der Entwurf schafft keine Finanzierungssicherheit für die Integrierte Kindertagesbetreuung in den Verlässlichen Halbtagsgrundschulen (VHG), wie sie der Städte- und Gemeindebund Brandenburg seit Langem fordert. Bereits im Rahmen der Novellierung des Kindertagesstättengesetzes war dieser zentralen Handlungsnotwendigkeit nicht Rechnung getragen worden. Mittlerweile wird berichtet, dass die dauerhaften Finanzierungsdefizite an Verlässlichen Halbtagsgrundschulen dazu führen, dass Träger der Integrierten Kindertagesbetreuung aus dem „Projekt Ganztag“ wieder aussteigen und zu dem Modell „Schule plus Hort“ zurückkehren wollen. Eine solche Entwicklung ist nicht im Sinne ambitionierter Bildungspolitik. Die Landesregierung wird daher aufgefordert, die Finanzierungssicherheit der Träger integrierter Kindertagesbetreuung sicherzustellen.

Positiv wertet der Ausschuss, dass dem Schulträger nunmehr ein Initiativrecht auf dem Weg zum Ganztag eingeräumt sowie reguläre Mitwirkungsrechte gestärkt werden sollen. Dies sei ein Schritt in die richtige Richtung. Künftig könne nicht mehr am Schulträger vorbei agiert werden. Gleichwohl ist festzustellen, dass abschließende Entscheidungskompetenzen des Schulträgers nicht vorgesehen sind. So soll das Antragsrecht beim Schulleiter verbleiben. Der Schulträger soll die jedoch Möglichkeit erhalten, mittels einer Elternbefragung Interesse und Bedarf an einem Ganztagsangebot zu ermitteln und so den Prozess anzustoßen.

Der Ausschuss fordert, dass die Zustimmung des Schulträgers zum Abschluss von Kooperationsvereinbarungen erforderlich sein solle. In der Praxis erfolgten Vereinbarungen ohne Zustimmung der Schulträger, was regelmäßig im Nachhinein zu Problemen führte. Im Übrigen entstünden in der Praxis häufig Diskussionen darüber, welche Konsequenzen die mangelnde Leistungserbringung des einen oder anderen Akteurs von Ganztag nach sich ziehen könne. Insoweit sei Rechtsklarheit herzustellen.

Der Ausschuss begrüßt ferner den angestrebten Ressourcenausgleich zwischen Integrierter Kindertagesbetreuung (Mittagsband, früher Beginn) und Lehrern. Künftig sollen Lehrkräfte auch außerhalb des zeitlichen Rahmens der Verlässlichen Halbtagsgrundschule mitwirken. Der Ausschuss äußert die Erwartung an das Ministerium und die Staatlichen Schulämter, die Schulleiter insoweit zu unterstützen.

3. Schulsozialarbeit an Grundschulen

Gegenstand der Diskussion war eine „Expertise zum aktuellen Stand der Sozialarbeit an Grundschulen im Land Brandenburg“, die von Kobra.net/Landeskooperationsstelle Schule-Jugendhilfe im Auftrag des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport erarbeitet und im Sommer 2010 vorgelegt worden ist. Die Studie stellt einen gestiegenen sozialpädagogischen Unterstützungsbedarf an Grundschulen sowie deutliche Unterschiede zwischen den jeweiligen Konzepten von Schulsozialarbeit an Grundschulen, unter anderem bezüglich   Zielstellung, Finanzierung, Qualifizierung und sonstiger Rahmenbedingungen, fest.

Landesweit beziffert die Studie Schulsozialarbeit an Grundschulen auf 46 Grundschulstandorte in 36 Gemeinden, wobei insoweit nur unbefristete und thematisch nicht eingegrenzte Schulsozialarbeit mit einer regulären Präsenzzeit von mindestens 20 Stunden / Woche berücksichtigt worden ist. Es ist davon auszugehen, dass darüber hinaus weitaus mehr Schulsozialarbeit an Grundschulen geleistet wird.

Ein zentraler Befund der Studie ist, dass die Schulsozialarbeit an Grundschulen in den Jugendförderplänen der Landkreise unzureichend berücksichtigt wird. Zum Beispiel würden im Jugendförderplan des Landkreises Märkisch-Oderland die Projekte nicht erwähnt, die ausschließlich durch die kreisangehörigen Gemeinden getragen und finanziert würden. Im Jugendförderplan des Landkreises Teltow-Fläming ist keine Finanzierung von Schulsozialarbeit an Grundschulen vorgesehen.

Insoweit unterstreicht der Ausschuss die Verantwortung der Landkreise und stellte deren Aufgabenfelder gemäß SGB VIII heraus. Es wird dafür plädiert, dass Schulsozialarbeit in der Entwicklung der Kinder früher ansetzen müsse und die Ressourcen der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe deshalb vorrangig im Grundschulbereich statt an den weiterführenden Schulen eingesetzt werden sollten.

Mitglieder des Ausschusses schilderten, dass diese Ansätze in den Landkreisen Prignitz und Dahme-Spreewald verfolgt würden, jedoch der von den Gemeinden angemeldete Bedarf hoch sei und angesichts begrenzter finanzieller Ressourcen nur bedingt berücksichtigt werde. Es wird ferner davor gewarnt, den Bereich der offenen Jugendarbeit beim Ausbau der Schulsozialarbeit zu vernachlässigen.

Der Ausschuss kritisiert deutlich, dass die Anstrengungen der Gemeinden in der Studie nicht hinreichend gewürdigt worden seien. Insbesondere die Ausführungen auf Seite 45 der Studie zeugen von einer mangelnden Anerkennung des gemeindlichen Engagements im Bereich der Schulsozialarbeit.

Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hat die Landesregierung in diversen Zusammenhängen auf den Bedarf finanzieller Unterstützung für die Schulsozialarbeit hingewiesen, so anlässlich der Kürzung des 610-Stellen-Programm, des von Bildungsminister Rupprecht im Jahr 2007 ins Leben gerufenen „Bündnisses für Werte in der Erziehung“ sowie der Einführung des sog. Schüler-Bafög zum 1. August 2010.

4.  Schulsozialfonds 

Der Ausschuss bewertet die Umsetzung des Schulsozialfonds und formulierte entsprechende Empfehlungen. Der Schulsozialfonds ist zum Schuljahr 2008/2009  eingeführt worden. Die diesbezügliche Richtlinie Sozialfonds ist zwischenzeitlich bis zum 31. Dezember 2012 verlängert worden. Die Koalition hatte sich darauf verständigt, auch künftig Mittel in einem Sozialfonds bereitzustellen. Jährlich stehen 2.220.000,00 € im Landeshaushalt zur Verfügung. Der rechnerische Pro-Kopf-Betrag im Jahre 2010 beträgt 91,50 € pro bedürftigem Schüler.

Grundlage der Beratung war die durch das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport vorgelegte Bilanz auf der Grundlage des Haushaltsjahres 2009. In die Auswertung konnten die Verwendungsnachweise von 236 öffentlichen Schulträgern (insgesamt 715 Schulen) einbezogen werden. Seitens der Schulträger wurden ca. 24.800 Schüler als von der Lernmittelverordnung befreit an das Ministerium gemeldet. Daraus ergab sich ein rechnerischer Pro-Kopf-Förderbetrag von 87,11 € pro bedürftigem Schüler. Zudem standen den Schulträgern im Haushaltsjahr 2009 aus dem Haushaltsjahr 2008 übertragene Mittel in von 586.600 € zur Verfügung. In der Summe standen im Haushaltsjahr 2009 Mittel in Höhe von 2.746.459 €, im Landesschnitt ca. 110 € pro bedürftigem Schüler, zur Verfügung.

Diese Mittel sind lediglich in Höhe von 52,1 Prozent tatsächlich eingesetzt worden. Beträge in Höhe von insgesamt 149.924 € sind an das Ministerium zurückgezahlt sowie ein Betrag in Höhe von 1.150.000 € in das Haushaltsjahr 2010 übertragen worden.

Die Quote des tatsächlichen Mitteleinsatzes variiert sehr stark. Sie schwanken bezogen auf die Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte zwischen 17,5 (ein Landkreis) und 97,1 Prozent (eine kreisfreie Stadt). Die tatsächliche Inanspruchnahme ist auch zwischen den Gemeinden innerhalb eines Landkreises enorm verschieden (beispielhafte Spannbreite zwischen 24,2 Prozent und 100 Prozent zwischen Gemeinden innerhalb eines Landkreises). Selbst zwischen den Schulen eines Schulträgers ergeben sich in große Unterschiede.

Angesichts dieser extrem unterschiedlichen Mittelausschöpfung können weder die Rechtsgrundlagen noch die Verfahren der Schulträger ursächlich für die unbefriedigende Inanspruchnahmequote sein. Der Ausschuss  würdigt die einfache Handhabung des Schulsozialfonds aus Sicht der Schulträger. Insoweit habe das Zusammenwirken von Städte- und Gemeindebund Brandenburg und Ministerium zu einer praktikablen Lösung geführt.

Als schwierig erweise sich die Umsetzung jedoch in den Fällen, in denen Schulleiter den Aufwand und die Entscheidungen scheuten. Die Schulleiter und Lehrkräfte seien daher durch Fortbildung und Beratung durch die Staatlichen Schulämter im Umgang mit diesem Instrument zu fördern. Fortschritte konnten erfahrungsgemäß erzielt werden, wenn Schulleitungen Entscheidungsfreude und Verantwortungsbereitschaft vermittelt sowie die Angst vor etwaiger Kritik der gewählten Verwendungspraxis genommen werden konnte. In diesen Fällen war immer wieder zu betonen, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt, auf die die einzelnen Schüler keinen Rechtsanspruch haben. In den Vordergrund zu stellen war der damit verbundene große Ermessensspielraum und das von Landes- und Schulträgerseite in die Lehrkräfte gesetzte Vertrauen bezüglich deren Wahrnehmungs- und Urteilsfähigkeit für bedürftige Schüler und deren individuelle Bedarfslagen.

Insoweit wurde durch die Schulträger in den letzten zwei Jahren viel kommunikative Arbeit geleistet, zum Teil durch wiederholte Beratung der Schulleitungen und Eltern, aber auch durch entsprechende Veröffentlichungen zum Schulsozialfonds (Handreichung, Empfehlungen, Elternbriefe etc.). Eine wichtige Schlüsselrolle haben überwiegend auch die Schulsekretariate übernommen. Eine Erstattung der Verwaltungsaufwendungen der Schulträger ist daher zwingend erforderlich.

Der Landeselternrat forderte in der Sitzung des Landesschulbeirates vom 11. September 2010 die Schulleitungen zu mehr Initiative bei der Umsetzung des Schulsozialfonds auf.

Der Ausschuss unterstützt Überlegungen des Ministeriums, die Möglichkeiten des Schulsozialfonds noch stärker in der Öffentlichkeit und an den Schulen zu kommunizieren. So könne mittels einer überarbeiteten Handreichung Handreichung oder in Form eines Elternbriefes des Ministeriums erneut auf die Handlungsspielräume und den Nutzen des Schulsozialfonds hingewiesen werden. In diesem Zusammenhang empfiehlt sich die Darstellung von Beispielen guter Praxis, also von Schulen mit einer hohen Inanspruchnahmequote. Dies wurde auch als hilfreich angesehen, um Unkenntnis und Scham auf Seiten der Eltern zu mindern.

Der Ausschuss plädiert zudem dafür, den Förderzweck zu erweitern und insoweit eine Änderung der Richtlinie herbeizuführen. Diese Anregung ist in den letzten zwei Jahren von Schulen, Eltern und Schulträgern formuliert worden. So wurde unter anderem der Bedarf geäußert, die Mittel des Schulsozialfonds für eine ermäßigte/kostenfreie Schulspeisung, Investitionen in die Sachausstattung von Schulen (z.B. Notebooks, die leihweise bedürftigen Schülern zur Verfügung gestellt werden können) oder für mehrtägige Klassenfahrten einsetzen zu wollen. Bislang war in diesen Fällen eine Förderfähigkeit zu verneinen.

Der Ausschuss hält daher eine Öffnung der Richtlinie für sinnvoll, auch wenn diese Leistungen teilweise der Kostentragungspflicht der Schulträger unterliegen. Die formal-juristische Sichtweise sollte überwunden und mindestens eine insoweit subsidiäre Verwendung des Schulsozialfonds ermöglicht werden. Dies sollte jedenfalls in den Fällen ermöglicht werden, in denen die Mittel in den Schulen für den originären Förderinhalt nicht eingesetzt wurden und eine Rückzahlung der Mittel an das Ministerium droht. Gleichwohl sei das Grundanliegen des Schulsozialfonds, die Förderung von Schülern aus einkommensschwachen Familien, sicherzustellen.

Es sollte überdies sichergestellt werden, dass die an das Bildungsministerium zurückgezahlten Mittel aus dem Schulsozialfonds (149.924 € in 2010) nicht im allgemeinen Landeshaushalt untergehen, sondern im Bildungssystem verbleiben. Es empfiehlt sich beispielsweise eine Zuwendung dieser Mittel an jene Schulträger, deren Schule(n) eine 100-prozentige Inanspruchnahme des Schulsozialfonds im jeweiligen Haushaltsjahr realisiert hat. Denkbar wäre auch eine Umleitung der Mittel in den Bereich Ganztag oder Schulsozialarbeit. Angesichts der Tatsache, dass ein nicht unerheblicher Betrag von landesweit 1.150.000 € seitens der Schulträger in das Haushaltsjahr 2010 übertragen worden ist, ist ein noch höherer Rückzahlungsbetrag im Jahre 2011 nicht auszuschließen.

Der Ausschuss fordert das Bildungsministerium auf, die Ergebnisse der im Jahre 2008 angekündigten Evaluation des Verwaltungsaufwandes der Schulträger vorzulegen und den gemäß Art. 97 Landesverfassung gebotenen Kostenausgleich gegenüber den Städten, Gemeinden und Ämtern rückwirkend vorzunehmen. Herr Staatssekretär Jungkamp hatte dem Präsidium des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg eine Evaluation zum Schuljahr 2009/2010 zugesagt.

Abschließend ist angesichts der im Durchschnitt unbefriedigenden Inanspruchnahmequote des Schulsozialfonds davor zu warnen, diesen ab 1. Januar 2010 auch als Kompensationslösung für die Mittel des Schüler-Bafög für Sozialleistungsempfänger vorzusehen. Angesichts der Tatsache, dass Schulleitungen offenbar bereits mit einer sachgerechten Verteilung von ca. 90 € pro Kopf pro Schuljahr aus dem Schulsozialfonds überfordert sind, wird es als unrealistisch angesehen, dass diese nunmehr zusätzlich die Bewilligung von Leistungen in Höhe von 50 € bzw. 100 € pro Kopf pro Monat zielführend bewältigen werden. Diese praktischen Bedenken bestehen unabhängig von der noch ungeklärten Anrechenbarkeit des Schüler-Bafög auf die Sozialleistungen nach der SGB II- Reform.

Der Ausschuss befasste sich abschließend mit dem Bildungs- und Teilhabepaket für bedürftige Kinder und Jugendliche, welches Gegenstand der Novellierung des SGB II ist.

Die 30. Sitzung des Ausschusses wird am 4. April 2011 in der Stadt Wittenberge stattfinden.

Bianka Petereit, Referatsleiterin

Az: 004-02