Mitteilungen 06/2010, Seite 190, Nr. 78

Erklärung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e.V. (DVV) zur Situation der kommunalen Finanzen - DVV fordert bessere Finanzausstattung der Kommunen

Bedeutung der Volkshochschulen für die Gesellschaft und Kommunen

Für Städte, Gemeinden und Landkreise sind die Volkshochschulen eine kostbare und unverzichtbare Ressource beim Aufbau einer lebenslang lernenden Gesellschaft. Als die kommunalen öffentlichen Weiterbildungszentren halten 957 Volkshochschulen stadt- und regionenbezogen ein flächendeckendes, vielfältiges Angebot an allgemeiner, beruflicher und kultureller Weiterbildung vor, das allen Menschen offen steht und jährlich von 9 Millionen Bürgerinnen und Bürgern genutzt wird. Darüber hinaus bereichern Volkshochschulen kommunale Bildungslandschaften und moderieren Entwicklungsprozesse in den Kommunen.

Gerade in ökonomischen und gesellschaftlichen Krisenzeiten ist die Weiterbildung der Volkshochschulen von besonderer Bedeutung, denn nur Menschen, die die Möglichkeit haben, weiter zu lernen und sich fortzubilden, können ihr Gemeinwesen aktiv mit gestalten und es durch schwere Zeiten tragen.

Über ihre bildungspolitischen Aufgaben hinaus kommt den Volkshochschulen in einer Zeit wachsender Integrationsanforderungen aber auch eine wichtige Funktion als Ort der Kommunikation, Sozialisation und Integration von Generationen, Nationalitäten und Kulturen zu.

Krise der kommunalen Finanzen

Rund 27% der Volkshochschulförderung - das waren im Jahr 2008 262 Millionen Euro - werden von den deutschen Kommunen aufgebracht.

Doch nun drohen immer mehr Städte, Gemeinden und Kreise in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise handlungsunfähig zu werden. Das konjunkturelle und strukturelle Haushaltsdefizit der Kommunen wird bis 2013 auf eine zweistellige Milliardenhöhe anwachsen, wenn keine Gegenmaßnahmen getroffen werden.

Schon heute zeichnen sich infolge der Krise drastische Auswirkungen auf alle Aufgaben der Kommunen ab. Die defizitären Kommunalfinanzen gefährden dabei auch die Arbeit der Volkshochschulen. Es droht die paradoxe Situation, dass in einer Zeit, in der die Menschen gefordert sind, lebenslang weiter zu lernen und sich fortzubilden, sich Leistungseinschränkungen erheblichen Ausmaßes bei der bekanntesten und anerkanntesten Weiterbildungseinrichtung in Deutschland vollziehen.

Mit relativ hohem Aufwand gehen die Kommunen jetzt daran, auch kleinste Beträge zu sparen, die jedoch unverhältnismäßig hohe Einschnitte mit sich bringen. Dabei zwingen Einsparungen von wenigen tausend Euro Volkshochschulen, die ihre Einsparungspotenziale in den vergangenen Jahren angesichts rückläufiger staatlicher Zuwendungen bereits ausgeschöpft haben, zunehmend dazu, sich aus denjenigen Teilen des öffentlichen Bildungsauftrages zurückzuziehen, die nicht kostendeckend zu betreiben sind, obwohl sie besonders wichtig und gesellschaftspolitisch erwünscht sind. Hierzu zählen insbesondere Integrationsangebote, Alphabetisierungskurse, Kurse zum Nachholen von Schulabschlüssen oder wohnortnahe Angebote für ältere Menschen und präventive Gesundheitsförderung. Offene, bürgernahe und beteiligungsorientierte Angebote für bildungsbenachteiligte Gruppen drohen flächendeckend wegzubrechen mit der katastrophalen Folge, dass sich die hohe Selektivität des deutschen Bildungssystems weiter verstärkt. Außerdem müssen die Gebühren im gesamten Volkshochschulangebot zunehmend erhöht werden. Dadurch werden immer mehr Bürgerinnen und Bürger in allen Regionen des Landes von der für sie dringend notwendigen Weiterbildung ausgeschlossen.

Forderungen an Bund und Länder

Die Volkshochschulen brauchen starke Kommunen. Und Kommunen brauchen starke Volkshochschulen, im Interesse von Lebensqualität, gesellschaftlichem Zusammenhalt und Chancengerechtigkeit.

Der Deutsche Volkshochschul-Verband e.V. unterstützt mit den 16 Volkshochschullandesverbänden und 957 Volkshochschulen die Forderungen der kommunalen Spitzenverbände nach einer nachhaltigen und angemessenen Finanzausstattung der Kommunen.

Der Vorstand des DW fordert Bund und Länder dringend auf, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen sicher zu stellen, damit diese ihre vom Grundgesetz garantierten Aufgaben, zu denen auch die Weiterbildung zählt, in kommunaler Selbstverwaltung erfolgreich wahrnehmen können.

Bund und Länder müssen dafür Sorge tragen, dass es in allen Städten, Gemeinden und Kreisen Deutschlands annähernd gleiche Lebensbedingungen für die Bürgerinnen und Bürger gibt. Hierzu zählt insbesondere auch ein Recht auf Weiterbildung, das an keinen finanziellen Barrieren scheitern darf.
Bonn, den 21. April 2010

Prof. Dr. Rita Süssmuth
Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e.V.

Dr. Ernst Dieter Rossmann
Vorsitzender des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e.V.