MITTEILUNGEN 06/2004, Seite 172, Nr. 103

Kindertagesstätten-Betriebskosten- und Nachweisverordnung - KitaBKNV


Nachdem das Dritte Gesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes in Kraft getreten ist, hat das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport die „Verordnung über die Bestimmung und das Verfahren der Bezuschussung gemäß § 16 Abs. 2, 3 und 6 des KitaG sowie die jährliche Meldung der belegten und finanzierten Plätze der Kindertagesbetreuung nach Art, betreuten Altersgruppen und zeitlichem Umfang als Nachweis der Verwendung der Zuschüsse gemäß § 16 Abs. 6 KitaG“ als Verordnungsentwurf verfasst und dem Städte- und Gemeindebund zur Stellungnahme zugeleitet.

Der Städte- und Gemeindebund hat erhebliche Bedenken gegen die beabsichtigte Fassung geltend gemacht. Die Bedenken resultieren aus der mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des KitaG vorgenommenen Änderung von § 23 KitaG, welche der Verband bereits im Gesetzgebungsverfahren kritisiert hatte.

Die der Rechtsverordnung zu Grunde liegende Ermächtigungsgrundlage in § 23 Absatz 1 Nr. 2 und 3 KitaG hält der Städte- und Gemeindebund für rechtswidrig. Dies hat er in seiner gegenüber dem Landtag abgegebenen Stellungnahme vom 23. Oktober 2003 zum Entwurf eines 3. Gesetzes zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes (Drucksache 3/6374) bereits mitgeteilt. Der Verband hat damals in seiner Stellungnahme erklärt: "Die Erweiterung der Verordnungsermächtigung in § 23 Absatz 1 Nr. 2 des Entwurfs besteht darin, dass das für Jugend zuständige Ministerium dazu ermächtigt wird, nicht nur wie bislang die Anerkennungsfähigkeit der Bestandteile von Betriebskosten und das Verfahren der Bezuschussung gemäß § 16 Absatz 2, 3 und 6 KitaG zu regeln, sondern die Bestimmung der Bestandteile von Betriebskosten und das Verfahren zu regeln.

Hierin wird ein Eingriff in die Selbstverwaltungsrechte der Städte und Gemeinden gesehen. Bei Wahrnehmung der Aufgabe der Betreuung von Kindern in Kindertagesstätten handelt es sich um eine Aufgabe der freiwilligen Selbstverwaltung. Welche Kosten die Gemeinde bei der Führung ihrer eigenen Einrichtung oder ihres Haushaltes als Betriebskosten ausweist, ist durch sie selbst im Rahmen der die gemeindliche Haushaltsführung regelnden Gesetze zu bestimmen. Welche Bestandteile sie als Betriebskosten bei der Bezuschussung des Trägers einer Einrichtung anerkennt oder nicht, obliegt ihrer Vertragsfreiheit im Rahmen der freiwilligen Selbstverwaltung."

Der Verband hält an seiner Auffassung fest, dass die Verordnungsermächtigung in § 23 KitaG gegen die Selbstverwaltungsrechte der Gemeinden verstößt. Sie geht ferner über die Regelungen von SGB VIII hinaus. Der Landesgesetzgeber und die Landesregierung sind nach Auffassung des Verbandes nach SGB VIII nicht berechtigt, die vertraglichen Beziehungen zwischen einer Gemeinde und dem Träger einer Kindertagesstätte zu regeln bzw. Vorgaben für diese vertraglichen Beziehungen zu machen. Gerade das SGB VIII überlässt diesen Bereich der Selbstverwaltung. § 78a SGB VIII in Verbindung mit § 78f SGB VIII sehen für bestimmte Leistungen der Betreuung in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform oder in gemeinsamen Wohnformen, bei Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder u. a. vor, dass zwischen den kommunalen Spitzenverbänden auf Landesebene und den Verbänden der Träger der freien Jugendhilfe und den Vereinigungen sonstiger Leistungserbringer auf Landesebene Rahmenverträge über den Inhalt der Vereinbarungen nach § 78b Absatz 1 SGB VIII abgeschlossen werden. Dem entsprechend haben die kommunalen Spitzenverbände mit den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege im Sommer 1999 einen Rahmenvertrag abgeschlossen, der unter anderem Regelungen enthält, nach denen die Entgelte für die erbrachten Leistungen berechnet werden können.
Wenn aber das SGB VIII für bestimmte Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vorsieht, dass sich die Leistungserbringer und die Leistungsanbieter selbst einigen, schließt sich logischerweise aus, dass das Land in einem anderen Bereich der Kinder- und Jugendhilfe von sich aus regelnd eingreift und durch Rechtsverordnung die Bestandteile von Betriebskosten festlegt.

Mit der Rechtsverordnung greift das Land Brandenburg in die Selbstverwaltungsrechte der Gemeinden ein. Das Land regelt sowohl das Ob (§ 4 Absatz 2 des Entwurfs) als auch das Wie (§ 4 Absatz 1 und § 2 des Entwurfs). Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat mit Urteil vom 15. Oktober 1998 erklärt, der Gesetzgeber könne der Wahrnehmung der Selbstverwaltungsaufgaben durch die Kommunen zwar Richtung und Rahmen vorgeben. Er dürfe sich jedoch nicht ohne Not gewissermaßen an die Stelle der Selbstverwaltungskörperschaft setzen und eine ihr obliegende Angelegenheit gleichsam "durchentscheiden". Gerade hierzu kommt es jedoch bei Erlass der Rechtsverordnung. Die Außerkraftsetzung der Verordnung über die Anerkennungsfähigkeit der Bestandteile von Betriebskosten und der Neuerlass einer Verordnung über die Bestimmung der Bestandteile von Betriebskosten erfolgt durch das Land ohne Not und ohne sachlichen Grund. Die Städte und Gemeinden in Brandenburg sind seit Jahren in der Lage, Vereinbarungen und Verabredungen mit freien Trägern von Kindertagesstätten zu treffen und die Bezuschussung oder Finanzierung zu regeln. Hierbei konnten sie sich in der Vergangenheit an die KitaBKNV anlehnen, da diese lediglich von einer Anerkennungsfähigkeit der Bestandteile von Betriebskosten sprach und nicht direkt, wie nunmehr vorgesehen, die Betriebskostenbestandteile selbst festlegte. Das Land, welches an anderer Stelle gerne seine Gesetzesinitiativen damit begründet, die Selbstverwaltung der Städte und Gemeinden stärken zu wollen, nimmt hier den Städten und Gemeinden ohne Not Selbstverwaltungsrechte weg und schreibt den Städten und Gemeinden vor, wie sie ihre Angelegenheiten verwalten sollen. Dies ist nicht akzeptabel.

Nach Auffassung des Städte- und Gemeindebundes hätten die Gemeinden die Möglichkeit, von den Regelungen der Rechtsverordnung bei Inkrafttreten der Entwurfsfassung wegen der mangelhaften Ermächtigungsgrundlage abzuweichen und die Bezuschussung eines freien Trägers einer Kindertagesstätte derart zu regeln, wie es § 16 Absatz 3 KitaG in Verbindung mit den Regelungen von SGB VIII vorsieht. Sie könnten sich auch, sofern dies notwendig wird, mit einem Normenkontrollverfahren gegen die Rechtsverordnung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg wenden.

Der Städte- und Gemeindebund hat daher angeregt, den Titel der Rechtsverordnung in alter Form zu belassen und nicht mit dem Titel den Inhalt von Betriebskostenbestandteilen bestimmen zu wollen.

Neben unserer grundsätzlichen Ablehnung haben wir zu den einzelnen Vorschriften ferner folgende Hinweise und Anmerkungen gegeben:

In § 2 Absatz 1 des Verordnungsentwurfs sollten Buchstabe b) und Buchstabe c) gestrichen werden. Nach § 2 Absatz 1 Buchst. b) sollen Sachkosten insbesondere bei eigenem Grundstück und Gebäude die kalkulatorische Miete sein und nach § 2 Absatz 1 Buchst. c) sind Sachkosten auch Abschreibungen auf Investitionen für eigene Gebäude oder den als Kindertagesstätte genutzten Teil des eigenen Gebäudes. Der Städte- und Gemeindebund vertritt die Auffassung, dass es sich hierbei weder um Betriebskosten noch um Sachkosten handelt, sondern um betriebswirtschaftliche Kosten bzw. kalkulatorische Kosten, die tatsächlich nicht entstehen. Der Träger einer Einrichtung hat weder für eine kalkulatorische Miete noch für Abschreibungen Aufwendungen zu erbringen. Lediglich zur Kalkulation werden diese Kosten veranschlagt.

Im Hinblick darauf, dass es sich um betriebswirtschaftliche Kosten handelt, ist nicht einzusehen, dass die Gemeinde mit Mitteln des Steuerzahlers diese Kosten, denen keine Ausgaben entsprechen, finanzieren soll. Nach der bisherigen Verordnung über die Anrechnungsfähigkeit von Betriebskosten war die Nennung dieser beiden Positionen in der Verordnung akzeptabel, da die Gemeinde selbst bestimmen konnte, ob sie bei der Berechnung des Zuschusses diese betriebswirtschaftlichen Kosten berücksichtigen wollte. Angesichts dessen, dass das Land nunmehr selbst bestimmen will, was Sachkosten im Sinne von § 15 Absatz 1 KitaG sind, ist die Beibehaltung dieser Aufzählung nicht mehr akzeptabel. Soweit es in der Begründung zum Verordnungsentwurf heißt, die Aufnahme von kalkulatorischen Kosten erfolge zur Klarstellung für die Bezuschussung und um einheitliche und vergleichbare Grundlagen für die Ermittlung von Platzkosten und die auf deren Grundlage zu ermittelnden Elternbeiträge zu gewährleisten, ist diese Anmerkung unrichtig. Die Verordnung wird erlassen, um Zuschüsse der Kommunen berechnen zu können und nicht um Elternbeiträge ermitteln zu können. Der Hinweis auf die Ermittlung von Elternbeiträgen würde nur dann richtig sein, wenn die freien Träger von Einrichtungen ihre Einrichtung allein über Elternbeiträge finanzieren würden und nicht daneben noch auf Zuschüsse angewiesen wären.

Der Städte- und Gemeindebund hat ferner dargelegt, dass er nicht damit einverstanden ist, wenn zu den Sachkosten auch die sonstigen notwendigen Verwaltungskosten des Trägers einschließlich von Beiträgen an Organisationen und Verbänden zählen sollen. Welche Verwaltungskosten beim Träger entstehen und welcher Anteil hiervon auf die jeweilige Einrichtung des Trägers entfällt, lässt sich durch die Städte und Gemeinden in keiner Weise nachprüfen. Die Gemeinden können die Verwaltungskosten nur dann anerkennen, wenn der Träger einer Einrichtung seine Jahresabschlüsse und Bücher offen legt. Beiträge an Organisationen und Verbände haben keinerlei Zusammenhang mit dem Betrieb der Kindertagesstätte und können mithin nicht als der Kindertagesstätte zuordenbare Ausgabe zählen. Im Übrigen ist die Mitgliedschaft in Organisationen und Verbänden freiwilliger Art, so dass sich die Träger von Einrichtungen, wenn sie den Beitrag nicht selbst finanzieren können, von der Mitgliedschaft in der Organisation trennen sollten. Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass die Dachorganisationen der Ligaverbände seit Jahren mehrere Millionen DM bzw. Euro aus dem Landeshaushalt für Zwecke der Betreibung ihrer Geschäftsstellen erhalten, so dass fraglich ist, aus welchem Grunde die Gemeinden diese Organisationen ein weiteres Mal mit Mitteln des Steuerzahlers mitfinanzieren sollten.

In § 3 Absatz 4 Satz 2 des Entwurfs ist vorgesehen, dass einem Träger, der aus eigenen Mitteln die Aufnahme oder die Erweiterung des Betriebs einer Kindertagesstätte nicht gewährleisten kann, ein Vorschuss gewährt werden kann. Der Städte- und Gemeindebund hat vorgeschlagen, diese Vorschrift zu streichen, da sie in der Praxis keine tatsächliche Anwendung finden dürfte. Die Betriebserlaubnis für eine Kindertagesstätte sollte nur erteilt werden, wenn der Träger auch die finanziellen Voraussetzungen zum Betrieb und Erhalt einer Kindertagesstätte mit sich bringt. Nach § 14 Absatz 2 Satz 1 KitaG muss ein Träger bereit und in der Lage sein, bedarfsgerechte und geeignete Einrichtungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu betreiben und eine angemessene Eigenleistung zu erbringen. Nach diesen Regelungen ist es demnach schlichtweg nicht möglich, dass ein Träger den Betrieb einer Kindertagesstätte aufnimmt, obwohl er nicht in der Lage ist, angemessene Eigenleistungen zu erbringen. Folglich wird es auch nicht dazu kommen, dass ein Vorschuss gezahlt wird. Die Zahlung eines Vorschusses könnte den Gemeinden auch nicht empfohlen werden.

§ 4 des Entwurfs betrifft Regelungen zu § 16 Abs. 3 KitaG. Die Verpflichtung der Gemeinde nach § 16 Abs. 3 Satz 1 KitaG soll danach erfüllt werden können durch Zahlung der ortsüblichen Kaltmiete, wenn der Träger einer nach § 12 Abs. 3 KitaG erforderlichen Einrichtung Grundstück und Gebäude selbst zur Verfügung stellt oder anmietet. Weiter heißt es, das Zahlungsverfahren für die Zuschüsse nach § 16 Abs. 3 KitaG sowie der Nachweis der Anspruchsberechtigung und der Verwendung der Zuschüsse sind zwischen der Gemeinde und dem Träger der Einrichtung zu vereinbaren.

Der Städte- und Gemeindebund sieht in § 4 Absatz 1 des Entwurfs eine Abänderung der gesetzlichen Regelung in § 16 Absatz 3 Satz 1 KitaG. Die Ermächtigungsgrundlage in § 23 KitaG bezieht sich hingegen nicht darauf, vom KitaG abweichende Regelungen erlassen zu dürfen. In der neuen Formulierung von § 4 Absatz 1 des Rechtsverordnungsentwurfs heißt es: Die Verpflichtung der Gemeinde gemäß § 16 Absatz 3 Satz 1 des KitaG kann auch durch Zahlung der ortsüblichen Miete erfüllt werden, wenn der Träger einer nach § 12 Absatz 3 des KitaG erforderlichen Einrichtung Grundstück und Gebäude selbst zur Verfügung stellt oder anmietet. Mit dieser Regelung wird § 16 Absatz 3 KitaG umformuliert, was mangels Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig ist.

§ 4 Absatz 2 des Entwurfs besagt, dass das Zahlungsverfahren für die Zuschüsse nach § 16 Absatz 3 KitaG sowie der Nachweis der Anspruchsberechtigung und der Verwendung der Zuschüsse zwischen der Gemeinde und dem Träger der Einrichtung zu vereinbaren sind. Mit dieser Regelung schreibt der Verordnungsentwurf den Gemeinden vor, wie sie die Bezuschussung mit dem Träger der Einrichtung regeln sollen, nämlich durch Vereinbarung. Die Regelung schreibt den Kommunen vor, zu welchen Gegenständen sie sich mit dem Träger der Einrichtung vereinbaren sollen. Das Land greift hiermit in die Rechte der Gemeinden ein. Obwohl es sich um den Bereich der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben handelt, schreibt das Land den Gemeinden vor, wie sie ihre Angelegenheiten durchzuführen und zu verwalten haben. Dies ist unakzeptabel und aus den eingangs ausgeführten Gründen darüber hinaus rechtswidrig.

Der Städte- und Gemeindebund hat daher vorgeschlagen, § 4 des Entwurfs der Rechtsverordnung ersatzlos fallen zu lassen.

Mitglieder können in der Geschäftsstelle in Potsdam eine Kopie des Verordnungsentwurfs abfordern. Der Verband wird über den Fortgang der Angelegenheit unterrichten.

Monika Gordes, stellvertretende Geschäftsführerin